Trotz Flucht keine Fluchtgefahr: Der vor vier Wochen in Potsdam verurteilte Apothekenräuber Oktay T. hat versucht, durch eine Beschwerde aus dem Gefängnis zu kommen. Vergeblich. Seit über vier Monaten sitzt er nun in Untersuchungshaft, aber sein Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil sein Anwalt Revision eingelegt hat. Obwohl er bereits für Jahre untergetaucht war und sich zeitweise in die Türkei abgesetzt hatte, versuchte er nun, aus der U-Haft zu kommen.
„Der Senat teilt die Ansicht der Kammer, dass mildere Mittel nicht ausreichen, das Verfahren zu sichern“, so die eindeutige Bewertung der Richter. Oktay T. war zuvor wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Gemeinsam mit einem bis heute unbekannten Mittäter hatte er im April 2013 in Potsdam die Apotheke am Schlaatz im Erlenhof überfallen.
Die beiden Täter betraten die Apotheke maskiert, sie hatten eine defekte Schreckschusspistole und einen kaputten Teleskopschlagstock dabei. T.s Mittäter hatte der Inhaberin der Apotheke die Pistole an die Schläfe gehalten, T. selbst mit dem Stock mehrere Apothekenmitarbeiter in den Bauch geschlagen. Laut Gerichtsurteil haben sie bei der Tat 796,96 Euro erbeutet.
Jahrelang hatte sich in dem Fall nichts bewegt, es gab keine Spur zu den Tätern. T. war nach der Tat untergetaucht, er floh für längere Zeit in die Türkei und kümmerte sich dort um seine kranke Mutter. Am Ende war es eine Verkehrskontrolle, die ihm zum Verhängnis wurde: Jahre nach dem Überfall fuhr T. ohne Fahrerlaubnis durch Berlin und geriet in eine Polizeikontrolle. Als ein DNA-Test durchgeführt wurde, kamen die Ermittler dem Apothekenüberfall auf die Spur. Oktay T. wurde verhaftet, seit September 2018 sitzt er in U-Haft.
Dagegen wollte er nun vorgehen. Mit dem Urteil vom 23. Januar erging auch eine sogenannte Haftfortdauerentscheidung, einen Tag später legte sein Anwalt Revision ein, das Urteil ist deshalb noch nicht rechtskräftig. Ebenfalls am 24. Januar legte er Beschwerde ein, mit der er die Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen geeignete Auflagen erwirken wollte.
Der Strafsenat, der die Beschwerde prüfte, ließ jedoch wenig Zweifel daran, dass T. sich nicht allzu viel Hoffnung machen sollte, bald wieder ungesiebte Luft zu atmen. Er habe keinen dauerhaft gesicherten festen Wohnsitz in Deutschland, keinen festen Arbeitsplatz, war nach der Tat für mehrere Monate in die Türkei geflohen und habe sich auch in den Jahren 2012/13 sowie 2016/17 an einem bisher unbekannten Ort aufgehalten. Auch „ausreichende soziale Bindungen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass sich der Angeklagte in Deutschland dem Verfahren stellt“, seien nicht ersichtlich. Das Fazit: „Gerade auch in Ansehung der fluchtgefahrrelevanten Tatsachen“ sei nicht zu beanstanden, dass die Haft zur Sicherung des Verfahrens unverändert erforderlich und angemessen sei.
Daraufhin wird der Strafsenat noch deutlicher: Sobald er die Möglichkeit hätte, würde er sich voraussichtlich umgehend wieder einen schlanken Fuß machen. Oder auf Juristendeutsch: Es bestehe „die tatsachenfundierte Besorgnis, dass sich der Angeklagte – ein türkischer Staatsangehöriger – im Fall seiner Freilassung sofort ins Ausland, namentlich in die Türkei und zu seinen dort lebenden Familienangehörigen absetzen oder sonst untertauchen würde und sich damit dem weiteren Verfahren mit Erfolg entziehen könnte, so wie er sich in der Vergangenheit bereits erfolgreich der Strafverfolgung entzogen hatte.“
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