Eine Fußreflexzonenmassage kann die Durchblutung fördern, Verspannungen lockern und sogar Schmerzen lindern – berichten Patienten. Wissenschaftlich erwiesen sind diese Effekte bisher nicht.
Sanft gleiten die Hände des Physiotherapeuten über die Fußsohle der Patientin. Das tut gut. Dann gelangt er zu einer Stelle weit oberhalb der Ferse und drückt darauf. Die Patientin verzieht das Gesicht. „Leiden Sie zurzeit an Verstopfung?“, fragt der Therapeut. Sie nickt. Der Physiotherapeut nimmt sich die Stelle erneut vor und bearbeitet sie. So will er die Darmtätigkeit der Patientin in Gang setzen.
Aber was hat der Fuß mit dem Darm zu tun? Nach der Lehre der Fußreflexzonen eine ganze Menge: Alle Organe und Körperteile sind ihr zufolge über Energiebahnen mit den Füßen verbunden. Erkrankungen und Störungen lassen sich durch die jeweilige Zone an der Fußsohle ertasten – das Gewebe dort ist dann zum Beispiel verhärtet.
Der Theorie zufolge ist die Fußsohle in einzelne Zonen unterteilt. „Der große Zeh etwa steht in Kontakt mit dem Kopf“, erläutert Dagmar Schlaubitz, Physiotherapeutin im rheinland-pfälzischen Budenheim. Ein Teil der Fußsohle unterhalb der vier kleineren Zehen soll mit der Lunge, ein Punkt weiter unten mit der Leber und ein Bereich nahe der Ferse mit dem Beckenbereich verbunden sein.
Bei der Fußreflexzonenmassage werden die Punkte mit leichtem Druck und Reiben stimuliert. Dadurch sollen die Organe auf Trab gebracht, Verspannungen gelockert und Schmerzen gelindert werden. Allerdings: „Dass diese Fußreflexzonen überhaupt existieren, ist bislang wissenschaftlich nicht belegt“, sagt Rainer Brenke, Facharzt für Physikalische Medizin. Auch die Wirksamkeit der Methode ist nicht ausreichend belegt. Für Arthrose und Multiple Sklerose gibt es jedoch zumindest kleine Studien.
Nach einer im Jahr 2006 veröffentlichten Untersuchung des Universitätsklinikums Jena kann Fußreflexzonenmassage bei Kniearthrose die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit des Kniegelenks steigern. 30 Patienten mit Kniearthrose erhielten über sechs Wochen zwölf Fußreflexzonenmassagen. Beschwerden wie Steifigkeit und Ruheschmerz nahmen um 60 Prozent ab, die Beweglichkeit des Gelenks verbesserte sich um zwölf Prozent.
Forscher der Universität Ulster wollten wissen, ob solche Effekte tatsächlich auf die Reflexpunkte zurückzuführen sind oder ob auch die Massage an sich, die Berührung und der Glaube daran, dass sie helfen würde, damit zu tun haben. Sie teilten 73 Probanden mit Multipler Sklerose in zwei Gruppen ein.
Die erste Gruppe bekam zehn Reflexzonenmassagen, je eine pro Woche. Auch den Patienten der Kontrollgruppe wurden die Füße einmal wöchentlich massiert - allerdings ohne, dass der Therapeut auf spezielle Punkte achtete. Beide Massagearten linderten die Schmerzen und verbesserten die Lebensqualität der Patienten. Offenbar lag es also nicht an den Druckpunkten, sondern an der Massage an sich. Auch ein Placeboeffekt könnte die Linderung verursacht haben – dass die Patienten der Kontrollgruppe also glaubten, sie bekämen eine Fußreflexzonenmassage.
Schlaubitz zufolge wird die Technik auch bei anderen Beschwerden erfolgreich angewendet. „Durch den Druck auf bestimmte Areale am großen Zeh etwa können Migräne, Zahn- und Gesichtsschmerzen positiv beeinflusst werden»“ sagt sie. Durch die Massagetechnik werde auch die Durchblutung der Füße angeregt. „Darüber hinaus kann sie dazu führen, dass sich beim Patienten Muskelverspannungen lösen und er besser schlafen kann“, so Schlaubitz.
Auch Brenke, der viele Jahre Chefarzt von naturkundlichen Krankenhausabteilungen in Bayern und Rheinland-Pfalz war, glaubt an die positiven Effekte: „Wenn der wissenschaftliche Nachweis über die Wirksamkeit fehlt, heißt das ja noch lange nicht, dass es keine Wirksamkeit gibt“, betont der Mediziner. Er weiß von Patienten, bei denen starke Schmerzen infolge von Fußreflexzonenmassage nachließen.
Weitgehend unbestritten ist, dass mit einer Fußreflexzonenmassage allgemein das Wohlbefinden eines Patienten gesteigert werden kann. Viele Patienten fühlen sich hinterher entspannt und angenehm müde, erklärt der Diplom-Psychologe Lutz Hertel, Vorsitzender des Deutschen Wellness Verbands. Bei zu starken Schmerzreizen kann es allerdings auch zu Schweißausbrüchen sowie vermehrter Blasen- und Darmtätigkeit kommen – bis hin zu einer Beeinträchtigung des Kreislaufes.
Von einer Fußreflexzonenmassage absehen sollten Menschen, die Fußpilz, einen diabetischen Fuß oder eine offene Wunde am Fuß haben. Das gilt auch bei Fieber oder entzündeten Venen. Ansonsten steht einer Fußreflexzonenmassage nichts im Wege. Wer einen Therapeuten sucht, ist bei speziell weitergebildeten Physiotherapeuten in guten Händen.
Ein Hinweis auf einen gut ausgebildeten Therapeut ist, wenn er etwa ein Zertifikat nach der Methode von Hanne Marquardt vorweisen kann und seine Kenntnisse regelmäßig auffrischt. Marquardt gilt als die führende Repräsentantin der Fußreflexzonenmassage in Deutschland. Eine Behandlung dauert 30 bis 40 Minuten, danach folgt eine Nachruhezeit. Die Kosten liegen zwischen 60 und 80 Euro pro Behandlung. Die Krankenkassen beteiligen sich in der Regel nicht.
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