Arzneimittelmissbrauch

Führerschein weg wegen Hustensaft

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Berlin -

Wer unter Alkoholeinfluss Auto fährt, muss unter Umständen seinen Führerschein abgeben. Das kann aber auch passieren, wenn man statt drei Bier Hustensaft zu sich genommen hat. Ein junger Mann klagte vergeblich gegen den Entzug seiner Fahrerlaubnis – die Geschichte von seiner Bronchitis war den Richtern schlicht zu unglaubwürdig.

Der 20-Jährige hatte erst seit zwei Monaten seinen Führerschein, als er an einem Januarmorgen um 1.30 Uhr von der Polizei angehalten wurde. Getrunken habe er nicht, andere Drogen zuletzt vor zwei Jahren konsumiert. Nach einem freiwilligen Test zur Bestimmung der Fahrtüchtigkeit erklärte er, dass er vor zwei Wochen Cannabis konsumiert habe. Und dann räumte er ein, noch in dieser Woche gekifft zu haben ein. Das toxikologische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin belegte eine THC Carbonsäure Spur von circa 1 ng/ml. Ein aktueller Cannabiskonsum zum Blutentnahmezeitpunkt wurde ausgeschlossen.

Im März 2017 geriet der junge Fahrer erneut in eine Verkehrskontrolle, wobei sich laut Polizei „deutliche Anzeichen für den Konsum von Betäubungsmitteln“ zeigten. Einen Drogenschnelltest verweigerte der Fahrer, die Blutentnahme wurde sodann richterlich verfügt. Die Rechtsmedizin wies einen Codeinwert von 0,005 mg/l und Spuren von Morphin (0,6 ng/ml) nach. Im Juli teilte die Polizeiinspektion mit, dass eine „nicht nur vorübergehende körperliche oder geistige Beeinträchtigung hinsichtlich der Befähigung […] zum Führen von Kraftfahrzeugen“ angenommen werden könne.

Da Codein in hustenstillenden Mitteln vorkommt und Teile davon in Morphin verstoffwechselt werden, ließ sich die Morphinkonzentration laut Gutachten darauf zurückführen. Eine nennenswerte Beeinflussung durch die Opiate zum Blutentnahmezeitpunkt sei nicht anzunehmen, hieß es.

Der Fahrer lieferte Anfang Juli über seinen Anwalt folgende Erklärung: Kurze Zeit vor der Polizeikontrolle habe er an einer starken Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung gelitten. Da er zu diesem Zeitpunkt bei einem Bekannten in Frankreich gewesen sei, habe er in der dortigen Apotheke im freien Verkauf ein Mittel gekauft, das hauptsächlich aus Codein bestehe. Den Kaufbeleg habe er nicht aufbewahrt. Er legte aber den Beipackzettel des Präparats Euphon Syrup in Französisch und Englisch vor.

Das nützt ihm allerdings nichts: Am 26. Juli wurde ihm der Führerschein entzogen und zudem das Führen erlaubnisfreier Kraftfahrzeuge untersagt. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Geeignetheit zum Führen von Fahrzeugen. Wegen der besonderen Gefährlichkeit von BtM im Straßenverkehr sei auch die sofortige Vollziehung geboten. Das Interesse der Öffentlichkeit daran, dass der junge Mann nicht am Kraftverkehr teilnehmen dürfe, überwiege sein Interesse an der weiteren Nutzung der Fahrerlaubnis.

Die Geschichte mit der Bronchitis nahm man dem jungen Fahrer nicht ab. So hieß es auf schriftliche Anfrage, wer der behandelnde Arzt gewesen sei, der Fahrer sei nicht bei einem offiziellen Termin gewesen sei, weshalb der Name nicht genannt werden könne. Da der junge Mann weder einen Kaufbeleg noch eine offizielle Diagnose über die starke Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung noch eine Nachbehandlung der genannten Krankheiten nachweisen konnte, hielt auch das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) das für eine Schutzbehauptung.

Es sei zumindest von einer einmaligen Einnahme von Codein durch den Antragsteller auszugehen. Auf die Höhe der im Zeitpunkt der Blutentnahme noch vorhandenen Konzentration komme es grundsätzlich in fahrerlaubnisrechtlicher Hinsicht nicht an: Für den Entzug sei die tatsächliche Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss unerheblich, heißt es im Beschluss vom 23. August 2017.

Zwar weise das toxikologische Gutachten darauf hin, dass es sich tatsächlich um den Einsatz von Hustensaft gehandelt haben könnte. Gleichwohl sei die Straßenverkehrsbehörde verpflichtet gewesen, die Fahrerlaubnis zu entziehen, so die Richter. Auch wenn der junge Mann nicht unter der Wirkung von Opiaten gefahren, habe er gleichwohl Betäubungsmittel konsumiert.

Dass der Codein-Konsum auf ärztliches Anraten erfolgt sei, glaubte das Gericht nicht. Das hierzulande verschreibungspflichtige Medikament sei mittlerweile auch in Frankreich nicht mehr frei verkäuflich – und zwar wegen des massenhaften Missbrauchs. Insbesondere Jugendliche konsumierten den Hustensaft zu Halluzinationszwecken. Im Internet seien bei der Suche nach Hustensaft mit Codein vielfache Hinweise zur berauschenden Wirkung und deren Umgang sowie zur in Deutschland illegalen Beschaffung zu finden.

In diesem Licht erschien den Richtern das Vorbringen des Fahrers als unplausibel. So habe er bei den von der Polizei festgestellten Ausfallerscheinungen nicht darauf hingewiesen, dass deren mögliche Ursache in der Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung liegen könne. Auch habe er bei oder nach der Verkehrskontrolle nicht unverzüglich mitgeteilt, Medikamente eingenommen zu haben. Dass er keinen Arzt benennen konnte und offenbar nie in Behandlung war, wirkte nicht besonders glaubwürdig. Sollte er im Eilverfahren weitere Nachweise erbringen, könne er einen Antrag auf Abänderung des Beschlusses stellen.

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