Urteil

Freiheits- und Geldstrafen für Selfie-Pfleger

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Aachen -

Sie sollen gut gewesen sein in ihrem Job als Krankenpfleger. Dennoch haben sie entwürdigende Handy-Fotos von Patienten gemacht. Über fünf Angeklagte ist nun das Urteil gefallen.

Am Ende blieb diese Frage offen: Warum haben die jungen Leute – ansonsten nach Angaben ihrer Vorgesetzten gute Krankenpfleger – die beschämenden Bilder von Patienten gemacht? Bilder, wie das von der über 80-jährigen stark dementen Frau, zu der sich zwei junge Krankenpfleger ins Bett legten. Oder das Handy-Foto von einem Kollegen, der in der Notaufnahme des Aachener Klinikums neben einer stark dementen, nackten Frau Grimassen schneidet. Die meisten der neun Opfer der zweifelhaften „Foto-Shootings“ in der Notaufnahme waren betagt, viele dement oder in der Narkose – alle hilf- und wehrlos.

„Ob Sie mit Ihrem Alltag nicht klar gekommen sind?“, suchte die Richterin am Amtsgericht Aachen, Dr. Lena Michel-Rensen, in ihrer Urteilsbegründung eine Erklärung. Nach dem Skandal um entwürdigende Patientenbilder am Aachener Klinikum verurteilte sie drei entlassene Krankenpfleger zu Freiheitsstrafen von sechs, sieben und acht Monaten auf Bewährung und zwei Pfleger zu Geldstrafen wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen von neun Patienten. Das Gesetz sieht eine Höchststrafe von einem Jahr Haft vor.

Bis zuletzt in ihren Plädoyers hatten die Anwälte um mildere Strafen gerungen. „Hier sitzen keine Kriminellen, sondern Menschen, die einen schweren Beruf ausüben. Alle hatten sehr gut gearbeitet“, sagte etwa der Verteidiger Heiko Platz. „Wir leben in einer Selfie-Kultur und in einer Social-Media-Kultur. Junge Leute denken nicht darüber nach, was sie fotografieren“, meinte er.

Die Richterin machte den Vertrauensbruch an den Patienten deutlich: „Die Zimmer in der Notaufnahme sind ein besonders geschützter Bereich.“ In die Notaufnahme kämen Menschen in extremen gesundheitlichen Situationen. „Die Täter sind eigentlich diejenigen, die eine Fürsorgepflicht haben“, sagte sie.

Stattdessen machte einer der Verurteilten einer Patientin Angst, wie aus diesem immer wieder in dem Prozess zur Sprache gekommenen Fall deutlich wurde: Eine ältere Frau lag nach einem Sturz zur Überwachung in der Notaufnahme. Sie hatte sich einen Katheter herausgerissen. Einer der Krankenpfleger machte mit seinem Handy ein Video von der Frau – sie fragte währenddessen immer wieder angstvoll: „Wer sind Sie?“ Der Krankenpfleger, der zu der Zeit einen Bart hatte, antwortete: „Ein Terrorist.“

Den Angeklagten war beim Schlusswort anzusehen und anzuhören, wie geknickt sie waren. „Ich habe diesen Beruf geliebt“, sagte ein 32-Jähriger, den das Klinikum wie die anderen auch gefeuert hatte, über seine Arbeit in der Notaufnahme. Dass missbrauchtes Vertrauen auch Misstrauen gegen einen ganzen Berufsstand schaffen kann, war einem anderen klar: „Wir haben Kollegen schwer in Misskredit gebracht“, bekannte er in seinem Schlusswort.

„Es ist enttäuschend, dass das Gericht keine Berufsverbote angeordnet hat“, kommentierte die Deutsche Stiftung Patientenschutz das Urteil. Entwürdigende Aufnahmen von hilflosen Personen seien schließlich keine Bagatelldelikte. Das Pflegepersonal habe eine herausragende Fürsorgepflicht, die grob missbraucht worden sei.

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