Die Spitzenforschung in Deutschland ist aus Sicht der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auch dank der neuen Exzellenzstrategie auf einem guten Weg. Dennoch würden keine neuen Harvards oder Cambridges geschaffen, sagt DFG-Präsident Professor Dr. Peter Strohschneider im Interview. Am Mittwoch entscheidet die DFG über ihre Beteiligung an der Elite-Förderung. Schwierig werde in Zukunft die Zusammenarbeit mit Großbritannien, sagt Strohschneider.
DPA: Die Exzellenzstrategie sieht vor, jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro in Spitzenforschung zu pumpen. Können einzelne deutsche Universitäten damit zu Größen wie Harvard aufschließen?
STROHSCHNEIDER: Ich glaube nicht, dass es so etwas wie die weltbeste Universität gibt. Es ist auch gar nicht das Ziel und kann es auch nicht sein, eine einzelne Universität finanziell so auszustatten, dass sie in einem Ranking mit Harvard konkurrieren könnte. Dazu würde auch das Geld nicht reichen. Meiner Auffassung nach geht es um die Leistungsfähigkeit eines nationalen Forschungssystems. Die Fähigkeit des deutschen Systems ist ganz erheblich, und im Verhältnis von Leistungsfähigkeit und Mitteleinsatz ist es deutlich effizienter als das US-amerikanische Forschungssystem.
DPA: Immer mehr Unis suchen sich andere Drittmittelgeber. Die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz etwa bekommt Geld von der Stiftung des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim. Nimmt das zu?
STROHSCHNEIDER: Der Anteil der Finanzierung durch private Stiftungen ist wichtig, im Volumen aber sehr begrenzt. Die größte private Wissenschaftsstiftung in Deutschland, die Volkswagenstiftung, hat 2015 gut 200 Millionen Euro gegeben – das Budget der DFG liegt bei drei Milliarden. Das ist in Großbritannien oder in den USA ganz anders. In Deutschland entwickelt sich das erst, auch durch neue Stiftungen. Das finde ich begrüßenswert. Es ist für die Wissenschaft förderlich, wenn eine Zusatzfinanzierung mit thematischen und funktionalen Schwerpunktsetzungen hinzukommt. Es kann aber keine Rede davon sein, dass Stiftungen als Ersatz für öffentliche Finanzierung fungieren.
DPA: Der Brexit droht. Ergeben sich dadurch Veränderungen für die Wissenschaft?
STROHSCHNEIDER: Der Brexit ist ein Schock-Ereignis für die europäischen Gesellschaften und für die europäische Wissenschaft. Einerseits wird er zu einer deutlichen Verschlechterung der Finanzierungssituation der britischen Forschung führen. Im Verlauf der Entkoppelung wird auch eine Fülle von bürokratischen Erschwernissen für die Wissenschaftskooperation und für die Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern hinzukommen. Das geht vom Erasmus-Programm bis hin zu Fragen des Aufenthaltsrechts. Forschungskooperationen wird es zwar weiter geben, sie gelingen uns ja auch mit vielen anderen Ländern – aber es wird aufwendiger und schwieriger.
Zur Person: Peter Strohschneider ist seit 2013 Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er hat Germanistik und Geschichtswissenschaft sowie Rechtswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft studiert. Seit 2002 hält er den Lehrstuhl für Germanistische Mediävistik an der Ludwig-Maximilian-Universität München.
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