Mumienforschung

Forscher untersuchen Ötzi-Erythrozyten

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Berlin -

Seine Todesursache ist geklärt, seine DNA entschlüsselt, nun haben Forscher erstmals Blutreste der 5300 Jahre alten Gletschermumie „Ötzi“ gefunden. Die Wissenschaftler versprechen sich davon auch neue Erkenntnisse für die moderne Gerichtsmedizin.

 

Deutsche und italienische Forscher haben bei „Ötzi“ rote Blutkörperchen nachgewiesen. Nach Angaben von Professor Dr. Albert Zink, Leiter des Instituts für Mumien und den Iceman der Europäischen Akademie Bozen (EURAC), ist es das erste Mal, dass es Wissenschaftlern gelang, Blutreste an der 5300 Jahre alten Mumie zu finden. Wie die EURAC mitteilte, handelt es sich um den ältesten Blutnachweis der modernen Forschung. Möglich wurde der Nachweis mit nanotechnologischen Verfahren.

„Dass nach so langer Zeit noch Blutkörperchen erhalten sind, war für uns eine Riesen-Überraschung“, sagte Zink, der Mitglied des Center for NanoSciences in München ist und die neuen Untersuchungen gemeinsam mit Kollegen zunächst in München begann und in Bozen und am Center of Smart Interfaces der Technischen Universität Darmstadt fortführte. „Es gab bislang keine Erkenntnisse darüber, wie lange Blut erhalten bleibt – geschweige denn, wie menschliche Blutkörperchen aus der Kupferzeit aussehen.“ Die Forschungsergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im „Journal of the Royal Society Interface“.

 

 

Das Forscherteam untersuchte Gewebeschnitte aus der Pfeileinschuss-Wunde am Rücken, die „Ötzi“ allem Anschein nach einst das Leben kostete, und aus einer Schnittwunde an seiner rechten Hand mit einem Rasterkraftmikroskop. Dieses Gerät vermisst mit einer feinen Spitze die Oberfläche der Gewebeproben und zeichnet ein dreidimensionales digitales Abbild. „Zum Vorschein kam das Bild von roten Blutkörperchen mit der klassischen 'Doughnut-Form' – der gleichen Form, wie sie bei gesunden Menschen unserer Zeit vorliegt“, sagte Zink.

Um auszuschließen, dass es sich dabei um Pollen oder Bakterien handelte, wandten die Forscher noch eine zweite Untersuchungsmethode an und bestrahlten die Gewebeproben mit intensivem Licht (Raman-Spektroskopie), wodurch sich unterschiedliche Moleküle identifizieren ließen. Die daraus gewonnenen Bilder stimmten mit modernen Proben menschlichen Bluts überein, so die Wissenschaftler.

Die Forscher erhoffen sich jetzt von der 5300 Jahre alten Blutprobe auch Erkenntnisse für die moderne Gerichtsmedizin und darüber, wie Blutspuren sich mit der Zeit verändern. „Ein Ansatz war auch, irgendwann ein Tool für die Gerichtsmedizin zu entwickeln“, sagte Zink. Bisher sei es kaum möglich, bei Tatortuntersuchungen das exakte Alter einer Blutspur zu bestimmen.

 

 

Und noch ein Ergebnis haben die Untersuchungen gebracht: An der Pfeileinschuss-Wunde stieß das Forscherteam auf Fibrin, ein Protein, das die Blutgerinnung steuert, wie Zink sagte. Dieser Fund untermauere die These, dass „Ötzi“ direkt an der Verletzungen starb und nicht erst Tage danach, wie laut Zink zwischenzeitlich vermutet wurde.

Kaum ein Mensch wurde je so intensiv untersucht wie „Ötzi“. Er wurde geröntgt, in Computertomographen geschoben, sein Mageninhalt wurde analysiert, seine Muskeln rekonstruiert, seine Knochen genau untersucht und immer wieder machten sich Experten daran, sein Erbgut zu entschlüsseln. Dadurch weiß man heute in etwa, wie „Ötzi“ in der Jungsteinzeit lebte, wie er aussah, wie er bekleidet war, welche Werkzeuge er nutzte, welche Krankheiten er hatte.

„Ötzis“ tiefgefrorene Leiche war 1991 in den Ötztaler Alpen entdeckt worden. Der Gletschermann hatte demnach kurz vor seinem Tod Steinbock, Brot und Salat gegessen. Er hatte braune Augen und litt unter anderem an Gallensteinen. Fleisch aß er auch, wenn es schon Maden hatte. Experten gehen davon aus, dass sie „Ötzi“ mit neuen Methoden noch so manches Geheimnis mehr entlocken können.

 

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