Medizinische Cannabisprodukte sind weiter in aller Munde. Das Interesse von Verbrauchern und Patienten ist groß, das Wissen aber klein. Die Fontane-Apotheke in Ludwigsfelde geht einen unkonventionellen Weg, um Aufklärungsarbeit zu leisten: Mit einer kleinen Comic-Ausstellung im Schaufenster will sie Kunden in die Offizin locken und bei der Aufklärung zum Thema helfen.
THC, CBD, CBG, CBM: Es ist verwirrend, selbst für viele Pharmazeuten – und erst recht für interessierte Laien. Der Hype um Arzneimittel, Medizinprodukte und Nahrungsergänzungsmittel mit Wirkstoffen aus der Cannabispflanze hält an. Er hat viele dubiose Anbieter in den Markt gespült, die teils mit zweifelhaften Versprechen und Behauptungen werben. „Bei manchen Werbungen fragt man sich, wer das rechtlich und wissenschaftliche geprüft haben soll“, sagt Inhaber Andreas Wendorff. „Das ist mir ein Dorn im Auge, deshalb wollen wir da aufklären und zeigen, dass es auch Produkte mit wissenschaftlicher Evidenz gibt.“
Doch wie das so ist, für die meisten Verbraucher ist Wissenschaft eine trockene Materie. Deshalb haben sich Wendorff und sein Vater – Dr. Dieter Wendorff, ebenfalls Apotheker und vorheriger Inhaber der Fontane-Apotheke, etwas ausgedacht. „Mein Vater ist seit sieben Jahren im Ruhestand, er ist aber nicht ruhig, sondern sucht sich immer wieder neue Aufgaben“, erklärt er. Vor allem für die Kunst hat er dabei einen Faible, den er regelmäßig auslebt, zuletzt im vergangenen Jahr zum Fontane-Jubiläum, aber auch schon zu anderen pharmazeutischen Themen wie Giftpflanzen.
Also malte Wendorff Senior eine kleine Reihe von Comics, um damit das Schaufenster der Apotheke zu schmücken. „Ich rauch den Knaster wie vor tausend Jahren“, sagt ein Bauer mit Pfeife und Cannabis-Staude in der Hand auf einem der Bilder – ein Verwies darauf, dass Cannabis eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt ist. „Lustig gemeinte Bilder funktionieren nun mal besser als Türöffner als wissenschaftlich korrekte Studien“, sagt Wendorff Junior. „Es ist eine künstlerisch eher einfache Darstellungsform, die die Kunden aber animieren soll, uns als Fachleute für Cannabis anzusprechen.“
Denn es besteht Gesprächsbedarf. „Die Masse der Menschen bewegt sich als interessierte, aber uninformierte Laien durchs Netz. Das Problem dabei ist, dass sich viele bei Dr. Google informieren und dort unzuverlässige Informationen erhalten“, sagt der 49-Jährige. „Meine persönliche Erfahrung ist, dass viele genau die Informationen suchen, die sie hören wollen.“ So komme es auch, dass sich bis heute so einige falsche Vorstellungen über die Wirksamkeit oder aber auch die Gefahren von Cannabis hartnäckig halten.
So werden THC und CBD beispielsweise gegen die harten Nebenwirkungen von Chemotherapien, insbesondere Appetitlosigkeit und Übelkeit, angewendet. „Bei vielen bleibt aber hängen, dass Cannabis gegen Krebs hilft“, so Wendorff. Er komme dann gelegentlich mit Kunden in Konflikt, wenn er versucht, die falschen Annahmen auszuräumen und die dann darauf beharren, dass sie „das doch im Internet gelesen haben“. Um zumindest grundlegende Informationen über die Rausch- und Heilpflanze zu verbreiten, liegt seit wenigen Tagen auch ein selbstgemachter Informationsflyer in der Apotheke aus. „Vieles von dem, war wir täglich sehen, hören und lesen, ist nicht immer leicht zu verstehen“, nähert sich dessen Text vorsichtig dem Kunden. „Es kann aber auch der Gegenstand der Betrachtung sein, der beim Laien Unverständnis und Widerspruch hervorrufen kann.“
Einen Schwerpunkt auf die Cannabisversorgung hat die Apotheke nicht. „Dronabinol-Rezepturen, CBD-Öl und Fertigarzneimittel mit CBD und THC spielen aber zunehmend eine Rolle. Auch bei uns in der Brandenburgischen Provinz“, so Wendorff. Die Leute mit einem Augenzwinkern in die Apotheke zu locken, funktioniert offenbar. „Leute, die die Comics sehen, kommen auch direkt rein, lassen sich Sachen erklären und wir kommen ins Gespräch. Das ist das, was wir wollen.“ Damit ist im Übrigen nicht nur den Kunden geholfen, auch die Apotheke vor Ort zeigt damit ihre Position im Gesundheitswesen auf. „Börsennotierte Konzerne können Preise besser als wir“, sagt Wendorff. „Aber nur wir können hier vor Ort aufklären.“
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