Apothekerin Cordula Grüber hat alles auf eine Karte gesetzt – und Glück gehabt. Ihr Projekt zum Neubau ihrer bereits bestehenden Sonnen-Apotheke im sächsischen Bischofswerda wird nun von der EU mit 1,5 Millionen Euro gefördert. „Seit fünf Jahren habe ich daran gearbeitet. Ich habe immer gehofft, dass sich ein Fördertopf finden lässt“, sagt Grüber. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hat der Inhaberin am Dienstag den Fördermittelbescheid feierlich übergeben.
Die Mittel, die das Land Sachsen aus den EU-Töpfen für das Projekt nimmt, stammen aus dem Just Transition Fund (JTF) und sollen der Region helfen, negative Folgen durch den Braunkohleausstieg abzufedern. Das damit einhergehende Investitionsprogramm „Regionales Wachstum“ des Freistaates soll die Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Investitionstätigkeit der Unternehmen der früheren Braunkohleregion stärken.
Davon profitiert nun nach vielen Terminen, bei denen Grüber ihr Vorhaben vorgestellt hat, auch die Pharmazeutin. Schon lange habe sie nach passenden Programmen für ihr Projekt gesucht, hat es immer wieder bei verschiedenen öffentlichen Stellen eingereicht und aktiv präsentiert. Diesmal haben Vorhaben und Region zusammengepasst. Und die bisherigen vergeblichen Versuche haben sie nur weiter vorangebracht: „Jeder hat ein bisschen mitgedacht und was dazu zu sagen gehabt. Aber das war gut. Das hat das Projekt besser gemacht. Dadurch gab es auch neue Inspiration.“
Nun ist die größte Hürde geschafft, bald folgen Spatenstich und der Baustart voraussichtlich Mitte Juni. Wenn alles gut läuft, kann der Umzug zum Jahreswechsel 2025/26 geplant werden. Aktuell ist Grübers Sonnen-Apotheke mit insgesamt 26 Beschäftigten zur Miete in der untersten Etage eines kleinen Ärztehauses. Keine schlechte Lage, aber etwas versteckt. Der neue Standort kann hier besser punkten.
Grüber zieht es in etwa zwei Jahren etwa 300 Meter weiter. Der moderne Neubau mit Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und mehr Parkplätzen vor der Tür wird auf dem Gelände des Krankenhauses stehen. Hier sind auch bereits Praxen und Physiotherapeuten angesiedelt. Neben dem Standort an sich gibt es noch weitere Vorteile: „Im Sommer ist es in der Apotheke immer zu warm, bald haben wir klimatisierte Räume. Aktuell ist es deutlich zu klein. Wir werden am neuen Standort etwa 700 Quadratmeter haben. Da haben wir ganz andere Möglichkeiten, zu agieren.“ Grüber würde zum Beispiel gern Seminare dort veranstalten oder veranstalten lassen. Sie sei gut vernetzt, da gebe es sicher genug Möglichkeiten und Angebote.
Dabei hat Grüber ihre Sonnen-Apotheke nicht hauptsächlich auf Heimversorgung oder anderes spezialisiert, sondern ist ein ländlicher Voll- und Rundum-Versorger. Viele Patient:innen versorgt sie mit Inkontinenz-Produkten, 600 Inkontinenz-Patient:innen werden vom Team und einer Krankenschwester betreut. Viele ihrer Kund:innen kommen vom Land zu ihr ins nördliche Bischofswerda. „Das hat uns gut wachsen lassen und das bringt ja auch Vertrauen.“ In dem etwa 11.000-Einwohner-Städtchen gibt es neben Grübers Sonnen-Apotheke noch zwei weitere Apotheken. Zwei Apotheken im Umkreis haben kürzlich geschlossen, die zusätzlichen Kunden merkt das Team der Sonnen-Apotheke.
Einen Stellenausbau bringt der zusätzliche Platz vorerst nicht; Grüber möchte ihr bisher bestens funktionierendes Team vorerst so belassen. Es handele sich bei dem Projekt eher um eine „Arbeitsplatzsicherung“ laut Förderprogramm. „Die neuen Arbeitsplätze werden sehr angenehm werden.“ Und auch wenn nun eine große Beratungskabine dazukommt, möchte sie sich nicht direkt auf das Thema pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) stürzen. Zwar biete sie einzelnen Patient:innen sinnvolle Leistungen aus dem pDL-Paket, bewirbt diese aber nicht aktiv.
Neben den 1,5 Millionen Euro über Land und EU geht die Pharmazeutin noch mit eigenem Vermögen und einem Kredit der Apobank an den Bau. Insgesamt wird der Neubau nämlich knapp 4 Millionen Euro kosten. „Das war nicht ganz einfach, einen Kredit zu bekommen. Die Marktlage ist gerade schwierig. Da muss man schon lobend sagen, dass die Zusammenarbeit mit einer Standesbank Vorteile hat.“
Sie ist nun selbst Bauherrin, sonst hätte sie die Förderung auch gar nicht bekommen. Zeitdruck hätte sie an sich nicht, das neue Gebäude zu beziehen, doch durch die Fördergelder muss es nun zügig gehen. Diese müssen im entsprechenden Förderzeitraum abgerufen werden. Zunächst geht sie in Vorleistung, bestimmte Prozentsätze bestimmter Leistungen kann sie dann zur Förderung einreichen. „Alles, was ich bisher in die Planung investiert habe, war aber mein eigenes Risiko.“ So weit musste sie aber wiederum gehen, denn ohne Planung und Baugenehmigung, hätte die Förderung nicht funktioniert.
Der Neubau soll die Apotheke zukunftssicher machen und natürlich sei es auch schön, nicht mehr zur Miete zu sein, sondern die Apotheke im eigenen Haus zu haben. Zur Solaranlage auf dem Dach gibt es noch einen Speicher für gerade nicht benötigten Strom. In Notlagen hilft ein Notstromaggregat. Für die Botenautos werden Ladepunkte geplant. Also auch energietechnisch ist der Neubau ein Zukunftsinvest. „Ich hoffe, dass es ein Familienbetrieb bleibt. Meine älteste Tochter studiert gerade Pharmazie; vielleicht übernimmt sie das ja mal. Die Kinder haben alle schon im Kindergartenalter einen Kittel geschenkt bekommen – man muss den Nachwuchs frühzeitig für diese Arbeit begeistern“, lacht die Inhaberin.
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