Flughafen-Apotheker

Zähne zusammenbeißen und durchkommen Lothar Klein, 23.04.2020 10:26 Uhr

Berlin - 

In den meisten Bundesländern haben die Einkaufscenter zumindest teilweise wieder geöffnet. Damit steigt der Publikumsverkehr. Und auch die gebeutelten Center-Apotheken können damit langsam wieder aufatmen. Noch keine Hoffnung schöpfen können hingegen vor allem die Apotheken an Flughäfen. Der Fernreiseverkehr liegt weitestgehend brach und an den Flughäfen starten nur noch wenige Maschinen. „Zähne zusammenbeißen und durchkommen“, lautet die Devise von Walter Maria Verführt, dem Inhaber der Münchner Metropolitan Apotheken und Gründer der Metropolitan Pharmacy Kooperation, die Apotheken in Frankfurt, München, Düsseldorf, Hamburg und Berlin betreibt.

Normalerweise starten in Frankfurt und München die Flieger im Sekundentakt. Bis zu sieben Millionen Passagieren werden in Frankfurt in der Hochsaison abgefertigt. Im Corona-März 2020 waren es noch 2,1 Millionen und der April dürfte noch schlechter ausfallen. In der letzten Woche gab es gerade mal 1404 Flugbewegungen. Nur noch circa 200 Maschinen starten und landen auf Deutschlands größtem Flughafen pro Tag. In München ist die Lage nicht besser: Die Zahl der Flüge hat sich im März halbiert. Die Zahl der Fluggäste ist um 65 Prozent eingebrochen.

Das bekommen auch die Flughafenapotheken zu spüren. Es gibt Kurzarbeit, man schlägt sich durch. „Aber die Message ist, wir halten durch“, sagte Verfürth, der am Franz-Josef-Strauß-Airport in München vier Apotheken betreibt, zwei in den beiden Terminals und zwei in den Transitbereichen. „Wir nutzen jetzt unsere guten Kontakte zu China“, berichtet Verfürth. Statt Arzneimittel und andere Freiwahlprodukte an Flugreisende zu verkaufen, handelt Verfürth momentan mit Schutzmasken und Desinfektionsmitteln – nicht nur an die wenige Kundschaft vor Ort, sondern als Zwischenhändler für andere Apotheken. „Unsere Ware ist geprüft“, so Verfürth.

Aber nicht nur das: Schon vor der Corona-Krise dienten seine Flughafen-Apotheken auch zur Versorgung der umliegenden Bewohner. Verfürth: „Das haben wir ausgebaut und liefern jetzt die Ware auch nach Hause.“ Jammern will der Apothekeninhaber nicht, „irgendwann geht die Coronazeit auch mal wieder vorüber.“ Bis dahin muss er jeden Tag seine Apotheken von 6.30 Uhr bis 21 Uhr offenhalten – obwohl am Flughafen nichts los ist. So hat es die Aufsicht angeordnet. Das kostet Personal: „Das haben wir aber voll im Griff“, so Verfürth. Weil nicht mehr alle Mitarbeiter Vollzeit benötigt, wurde Kurzarbeit eingeführt.

 

Schon Ende Januar, als die Corona-Krise Deutschland noch längst nicht fest im Griff hatte, bemerkte sein Kollege am Frankfurt Airport den Wandel: „Am Flughafen bemerken wir in meinen vier Apotheken seit der Berichterstattung einen zunehmenden Bedarf an vor allem hochwertigen Atemschutzmasken. Da der Großhandel nichts liefern kann, bestellen wir bei diversen Direktlieferanten alle verfügbaren Mengen der FFP3-Masken“, berichtete Elmar Arnold, Inhaber der vier Metropolitan-Apotheken in Frankfurt. Auch in der Apotheke fragen die Kunden nach: „Der Bedarf an viruzid wirkenden Desinfektionsmitteln ist auch stark gestiegen, die Produkte sind teilweise auch defekt beim Großhandel“, berichtete Arnold. Gestiegen sei auch die Nachfrage nach modernen Fiebermessgeräten. Vor allem asiatische Kunden seien daran interessiert. Am Frankfurter Flughafen starten und landen im Januar noch vier chinesische Airlines. Inzwischen ist der internationale Flugverkehr weitgehend eingestellt.

Ein richtiges Franchise-Konzept ist „Metropolitan Pharmacy“ nicht – dafür führen zu wenige Apotheken diesen Namen. Doch die Marke hat sich in einer Nische sehr erfolgreich breit gemacht: Die größten deutschen Flughäfen sind fest in der Hand der Metropolitan Pharmacy (Met): Hinter dem Konzept steht Apotheker Walter Maria Verfürth, der schon 1992 die erste Metropolitan Pharmacy am Münchener Flughafen eröffnete, mittlerweile gibt es dort vier Standorte. Es folgte 2001 die zweite Apotheke am größten deutschen Airport Frankfurt am Main durch Frank Füßl. 2004 eröffnete Dr. Stephan Schreiner in den Airport-Arkaden des Flughafen Düsseldorf International seine Met. 2008 war es Ina Schreiner, die als Vierte im Bunde mit der Met am Hauptstadtflughafen Berlin Tegel die pharmazeutische Versorgung sicherstellte. 2012 wurde die Flughafenapotheke in Hamburg unter Leitung von Dr. Uwe Riemer eine Met – und damit befindet sich jetzt an jedem der fünf größten internationalen Airports Deutschlands eine Metropolitan Pharmacy. 2013 übernahm der bisherige stellvertretende Apothekenleiter Elmar Arnold beide Apotheken in Frankfurt.

Alle Standorte hat Verfürth nach eigenen Angaben selbst vermittelt. Er stellt den Kontakt zu den Betreibergesellschaften der Flughäfen her und hilft bei der Umsetzung des Konzepts. Verfürth kümmert sich auch um die Teilnahme der Metropolitan-Apotheken am Bonusprogramm „Miles & More“ der Lufthansa. Dabei können Kunden in den Apotheken Punkte sammeln oder direkt mit ihren Flugmeilen bezahlen. Außerdem gibt es bei Metropolitan ein Eigenmarkenkonzept mit mehr als 100 verschiedenen Produkten.