Krebs, das ist in vielen Familien ein Thema. Etwa 200.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an den Folgen der Erkrankung. Nach den Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO sind es weltweit etwa 8,2 Millionen. Erste Firmen haben deswegen begonnen, ihre Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung bei der Vorsorge, der individuellen Diagnose und der Therapie zu unterstützen. Für sie ist es auch eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb um Mitarbeiter von Konkurrenten abzusetzen.
„Ab sofort werden wir Beschäftigten, die an einem Tumor erkrankt sind, auf Firmenkosten den Zugang zur neuesten Krebsdiagnostik hier im Krankenhaus ermöglichen“, kündigte Bosch-Chef Volkmar Denner in Stuttgart an.
Der Autozulieferer und Technikkonzern hat ein „Bündnis gegen Krebs“ zusammen mit der Bosch Stiftung und dem Robert-Bosch-Krankenhaus in Kooperation mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) gegründet. Dabei soll ein Forschungszentrum entstehen. Außerdem sollen die an Krebs erkrankten Mitarbeiter Zugang zur individuellen Diagnostik im Robert-Bosch-Krankenhaus und dem DKFZ erhalten, die dann eine für sie abgestimmte Therapie ermöglicht. Bosch stellt dafür jährlich rund eine Million Euro zur Verfügung.
Von einem Massenphänomen kann noch keine Rede sein: Als „Leuchtturmprojekte“ bezeichnet Thomas Olbrecht, Leiter der Markt- und Sozialforschung bei EuPD Research Sustainable Management, solche Projekte. EuPD veröffentlicht alljährlich das Corporate-Health-Jahrbuch, das einen Überblick über das betriebliche Gesundheitsmanagement bei Firmen in Deutschland gibt.
Doch es gibt weitere Beispiele: Der Laserspezialist Trumpf etwa bietet seinen Mitarbeitern seit vergangenem Jahr neben einer Beratung finanzielle Unterstützung im Falle einer Krebsdiagnose an. Auch Trumpf übernimmt die Kosten für die Tumor-Diagnostik, die dem Patienten eine bessere Behandlung der Krankheit ermöglichen könne, so ein Sprecher. Sechs Mitarbeiter hätten sich dazu beraten lassen, zwei nahmen die Diagnose in Anspruch.
Aus Sicht von Professor Michael Boutros, kommissarischer wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ, wäre es wünschenswert, wenn sich mehr Firmen einsetzen. Das Engagement von Firmen trage dazu bei, dass die Verfahren günstiger werden. Wenn mehr Patienten eine medizinische Behandlung in Anspruch nehmen, verteilen sich die Kosten auch auf mehr Schultern. Die individuelle Sequenzierung und Auswertung kostet nach Angaben des DKFZ etwa 10.000 Euro und wird nicht immer von den Krankenkassen übernommen.
Auch aus einem anderen Grund sei das Engagement „begrüßenswert“, sagt Marktforscher Olbrecht. Eine Krebserkrankung sei eine enorme psychische Belastung. Zumindest die Frage, „wie reagiert das Unternehmen?“, sei bei diesen Projekten schon geklärt.
Das Thema Gesundheitsförderung entwickele sich noch in Deutschland. Früher sei es darum gegangen, die Arbeitskraft der Mitarbeiter zu erhalten und Kosten durch Krankheitsausfälle zu sparen. „Inzwischen hat man erkannt, dass diese Kausalität nicht gelingt.“ Heute stehe der Wettbewerb um gute Mitarbeiter im Vordergrund: Die Frage sei „Wie kann ich meine Wiese grüner streichen?“
Schon 2014 hatte SAP ein Programm ins Leben gerufen, dass in Zusammenarbeit mit der Firma Molecular Health SAP-Mitarbeitern in Deutschland und den USA eine kostenfreie Tumordatenanalyse und -interpretation zur Verfügung stellt.
Auch das US-amerikanische IT-Unternehmen EMC, das Speichersysteme für Firmen herstellt, arbeitet seit Kurzem mit Molecular Health zusammen und bietet seinen 1200 deutschen Mitarbeitern die Möglichkeit zur Tumoranalyse. Fünf Mitarbeiter haben es seit Oktober genutzt, sagt Personalchefin Gabriele Schickl. Bei solchen Angeboten gehe es auch darum, Mitarbeiter im Wettbewerb mit anderen IT-Firmen zu werben und zu halten. „Mitarbeiter sind unser höchstes Gut. Wir wollen nicht, dass das nur eine hohle Phrase ist.“
Projekte wie die von Bosch nun angekündigte Krebstherapie dürften allerdings noch Einzelfälle bleiben. Insbesondere kleinere Firmen, so Olbrecht, täten sich schon jetzt schwer mit solchen Angeboten und könnten diese nur mit Hilfe von Krankenkassen oder anderen Dienstleistern auf die Beine stellen.
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