Der Botendienst gehört in nahezu jeder Apotheke zum Service. Wem die Logistik mit steigender Zahl an Anfragen allerdings zu aufwendig ist, der kann sich Unterstützung holen. Verschiedene Start-ups bieten Inhaber:innen an, die Lieferung zu optimieren oder ganz zu übernehmen. Auch der Logistikkonzern Fiege will mitmischen.
Zu Fiege gehört das Projekt „Angel Last Mile“, das im vergangenen Jahr aufgelegt wurde und die Herausforderungen der „Letzten Meile“ in der Zustellung lösen soll. Das Prinzip ist einfach: Händler, die ihren Kunden Same Day Delivery und Zustellung nach Feierabend anbieten wollen, buchen ihre Aufträge ein. Fiege verteilt diese per App an registrierte Fahrer oder Lieferdienste, die im Idealfall ohnehin in der entsprechenden Richtung unterwegs sind.
Der Konzern bewirbt „Angel“ als „Crowdsourcing Netzwerk“ von Fahrzeugen und Fahrern, bei dem Touren gebündelt, Leerfahrten vermieden und im Ergebnis Staus und CO2-Emissionen reduziert werden können. „Open Community – Gemeinsam aber unabhängig zusammenarbeiten“, heißt es auf der Website. Obwohl solche Konzepte nicht unumstritten sind, gab es sogar Fördergelder von der EU: Als Partner des Projekts Nextrust erhielt Fiege für die Entwicklung der „kooperativen und ressourcenschonenden“ Zustellmöglichkeit drei Millionen Euro.
Das Unternehmen ist laut eigenen Angaben Marktführer in diesem Bereich. Zu den Kund:innen gehören Versender wie Apo-Discounter, aber auch die Partnerapotheken von Shop Apotheke. Auch rund 20 Apotheken sind an Bord, hier sehen die Verantwortlichen erhebliches Potenzial: Das Angebot komme für alle Apotheken in Frage, die Kund:innen mit ihrem Botendienst nicht erreichen können oder die Dienstleistung auslagern wollen. Je nach Vereinbarung wird eine Verbindung mit dem Webshop hergestellt, um die Prozesse wie das Drucken der Adressetiketten zu automatisieren.
Das Konzept funktioniert wie folgt: Hat die Apotheke die bestellte Ware verpackt, holt ein Fahrer die Sendung ab – in der Regel am Nachmittag gegen 16 Uhr. Verstaut werden die Lieferungen in „Mehrwegboxen“, die Apotheke behalte stets die Weisungsbefugnis, wie Geschäftsführer Axel Niessner erklärt. „Beim Empfänger öffnen wir vor dem Kunden die Mehrwegbox, und der Kunde kann die Ware entnehmen. Die Mehrwegbox wird zum Retailer oder Apotheker wieder zurückgeführt. Falls die Ware gekühlt werden muss, kann die Ware passiv gekühlt werden.“
Die Preise sind gestaffelt und hängen von den individuellen Wünschen der Kund:innen ab. Apotheken zahlen pro Sendung inklusive Benachrichtigung ab 7,50 Euro. Die tägliche Pick-up-Gebühr liegt bei 10 Euro. Niessner ist überzeugt, dass der Bedarf für externe Lieferanten bei den Apotheken steigen wird. „Das Rennen entscheidet sich mit der Einführung des E-Rezepts“, sagt er. Die Vorteile von stationären Apotheken gegenüber großen Versendern lägen in der schnellen Konfektionierung und der Produktverfügbarkeit.
Ein Nachteil ist laut Niessner die geringe Reichweite im Netz – hier versuchen Plattformen wie Gesund.de und IhreApotheken.de eine zentrale Anlaufstelle aufzubauen. Angel versteht sich als reiner Logistikdienstleister und will keinen eigenen Marktplatz aufbauen.
Andere Anbieter haben sich zum Ziel gesetzt, die Auslieferung für die Apotheken zu optimieren. Eine aus der Apotheke heraus entstandene Software für den Botendienst ist Apomap. Dahinter steht unter anderem Jürgen Schäfer, Mitgründer und Inhaber der Franziskus-Apotheke in Winterberg. Aus einer zentralen Auftragssammlung können verschiedene Touren für Botenfahrzeuge oder Fahrräder geplant werden. Die Zeitersparnis liegt dem Start-up zufolge bei 60 Prozent. Apothekenfahrer:innen und -kund:innen werden über eine App informiert. Die Software ist für bis zu 200 routenoptimierte Lieferungen im Monat kostenlos. Für jede weitere Lieferung werden 20 Cent fällig.
Ähnlich funktioniert das Münchener Start-up Aponia von Alexander Bätz und David Heid. Die Software soll den Bestell- und Lieferprozess von Medikamenten optimieren. Apotheken legen Aufträge in einer Bestelloberfläche an und erhalten eine Auflistung an effizienten Routen. Per App könnten die Lieferstopps eingesehen werden.
Täglich gibt es laut Abda 300.000 Botendienste. Apotheken, die den Service an einen Logistiker abgeben wollen, müssen laut Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) als Versandapotheke auftreten: „Die regelmäßige Nutzung von Logistikunternehmen oder Lieferkonzepte Dritter ohne direkte Weisungsbefugnis des Apothekenleiters ist nicht mit § 17 Abs. 2 ApBetrO vereinbar, sondern dem Versand nach § 11a ApoG zuzuordnen.“ Zudem sollen zu liefernde Arzneimittel getrennt für jeden Kunden und jede Zieladresse sowie sichtgeschützt und verschlossen verpackt werden.
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