Weniger Fett, Zucker, Salz

Fertignahrung soll gesünder werden

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Berlin -

Morgens süße Flocken und Fruchtjoghurt, zwischendurch einen Donut oder eine Brezel auf die Hand und abends Tiefkühl-Pizza vor dem Fernseher: Für viele Deutsche gehören Fertig-Lebensmittel fest zum Alltag. Aus Zeitmangel, Bequemlichkeit, Gewohnheit oder schlicht, weil es schmeckt. Viele dieser Produkte sind aber nicht wirklich gesund. Lässt sich das ändern, ohne dass Geschmack und Haltbarkeit darunter leiden – und ohne die Lebensmittelbranche zu ärgern? Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) will es mit einer „Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie“ versuchen.

Was ist das Problem?
Fast die Hälfte der Frauen, sechs von zehn Männern und jedes siebte Kind in Deutschland sind übergewichtig. Die Bürger nehmen mehr Zucker, Fett und Salz zu sich, als Experten für gesund halten. Zu viele Kilos auf der Waage, hoher Blutdruck und erhöhte Blutfettwerte können die Folge sein - und erhöhen das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen. Das ist für Betroffene ebenso ein Problem wie für die gesamte Gesellschaft, da es viel Geld kostet.

Was will die Bundesregierung dagegen tun?
Die neue Strategie nimmt Fertigprodukte ins Visier – laut Ministerium machen sie bis zur Hälfte der Nahrungsmittel aus, die die Deutschen zu sich nehmen. Die sollen künftig gesünder werden und weniger Kalorien haben. Auch bestimmte Packungsgrößen sollen kleiner werden. Mit „Fertigprodukten“ meint das Ministerium nicht nur die klassische Tiefkühlpizza oder -lasagne, sondern alle Produkte aus mehreren Zutaten, denen Zucker, Fett oder Salz zugesetzt wird. Nicht eingeschlossen sind zum Beispiel Süßigkeiten oder salzige Würzmittel, weil viel Zucker oder Salz ja deren Sinn ist – und sie normalerweise nicht zur Deckung des täglichen Nährstoffbedarfs gegessen werden.

Was bedeutet das konkret für Limo und Co.?
Ein paar Beispiele: In alkoholfreien Erfrischungsgetränken soll der Zuckergehalt bis 2025 deutlich zweistellig sinken. Ähnliches ist für Milchprodukte und Frühstückscerealien wie Cornflakes geplant. Bei den Fetten geht es vor allem um gesättigte Fettsäuren und industrielle Transfettsäuren. Für Backwaren wie Berliner und Donuts wird gerade untersucht, ob sie sich so frittieren lassen, dass weniger Fett ins Produkt gelangt. Angedacht ist auch, bestimmte Fette wie Backmargarine und gehärtetes Erdnussfett durch gesündere zu ersetzen. Bei der Reduktion von Salz stehen vor allem Brot- und Backwaren, Wurst und klassische Tiefkühlnahrung wie Pizza im Fokus.

Aber schmecken diese Lebensmittel dann noch, wie sie sollen?
Das fragen sich nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Hersteller, die natürlich nicht weniger verkaufen wollen. „Die Rezepturänderungen müssen zu geschmacklich guten Resultaten führen, die von Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptiert werden“, heißt es in der Strategie. Wichtig sei auch die „Wahrung der Qualität und Tradition von Produkten“. Auf eine traditionelle Brezel oder Breze gehört nun mal Salz – über so etwas wird zu reden sein.

Wie soll das alles kontrolliert werden?
Basis sollen konkrete Zielvereinbarungen mit den Herstellern sein, keine neuen Gesetze. Vorgesehen sind dann ein „umfangreiches, wissenschaftliches Monitoring“ und eine Internetplattform, um Fortschritte für Verbraucher transparent zu machen. Das Monitoring soll eine Gruppe von Experten aller beteiligten Akteure übernehmen. Ausgangsbasis sind Daten des bundeseigenen Max-Rubner-Instituts. Von möglichen Sanktionen ist in der Strategie nicht die Rede. Die Lebensmittelbranche soll sich freiwillig selbst verpflichten, nicht gezwungen werden. Ziellinie ist das Jahr 2025.

Und die Konsumenten werden gar nicht in die Verantwortung genommen?
Niemand kann oder will den Bundesbürgern vorschreiben, was sie wann essen. Das Ministerium setzt daher auf eine Aufklärungskampagne, die sich an bestimmte Zielgruppen richtet - Kinder und Jugendliche, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen in sozial schwachen Stadtteilen. Das soll die „Ernährungskompetenz“ der Bevölkerung stärken. Kommendes Jahr soll auch eine einfachere Kennzeichnung der Nährwerte auf den Weg gebracht werden. An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett und Salz soll EU-weit über Selbstverpflichtungen eingeschränkt werden.

Gibt es Kritik?
Verbraucherschützer und Opposition hatten Klöckners Plan stets als zu unverbindlich kritisiert. Die Ministerin verkaufe „alten Inhalt in neuer Verpackung“, sagte Grünen-Politikerin Renate Künast. Die meisten Lebensmittelunternehmen hätten längst Strategien vorgelegt, wie sie Zucker, Salz und Fett in ihren Produkten reduzieren wollen. „Aber das reicht eben längst nicht aus.“ Klöckner müsse „klare Kante zeigen“ und Regeln zu Werbung, Ampelkennzeichnung, verbindlichen Reduktionszielen sowie steuerliche Anreize vorlegen. Dagegen lobt der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft BLL: Klöckner habe eine „Zusammenarbeit aller Beteiligten“ erreicht.

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