FBI sucht Apotheker Silvia Meixner, 15.09.2018 09:29 Uhr
Das FBI sucht dringend Apotheker. Ideale Bewerber sind im Ruhestand, haben gute Nerven, wollen nicht ständig mit den Enkelkindern in den Zoo und ihr Wissen mit dem Rest der Welt teilen. Bei Interesse sollten sie mit Apotheker Ralf Rausch in Kontakt treten. Er ist der Mann hinter FBI.
Stellen Sie sich vor, Sie müssen zu einer Beerdigung. Aber der Vertretungsapotheker kommt nicht. Sie sitzen auf glühenden Kohlen. Dann rufen Sie einfach beim FBI an. Bei der Personallösungen FBI GmbH kann man mit viel Glück auch last minute einen der Apotheker engagieren. „Diesen Fall hatten wir tatsächlich einmal. Ich wusste, dass wir einen Apotheker in der Kartei haben, der in der Nähe wohnt“, erzählt Rausch. „Ich habe ihn angerufen, gefragt, Karl, wie isset? Er hat geantwortet, dass er schon im Auto sitzt.“ Beerdigungstermin gerettet, Apotheker froh.
Über ein bisschen mehr Vorlauf freuen sich die Experten der Personalvermittlung natürlich. Das Projekt „Senior Pharmacist“ wurde vor fünf Jahren gestartet. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg wurde im Jahr 2003 gegründet und vermittelt Fachpersonal in technisch-gewerblichen, kaufmännischen und medizinischen Bereichen. 900 Mitarbeiter erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 35 Millionen Euro. Irgendwann entdeckte man dann auch die Apotheker als Zielgruppe.
„Unsere Idee ist zum Knaller geworden“, zieht Rausch Bilanz. „wir haben derzeit über 25 Senior Pharmacists im Alter zwischen 35 und 70 Jahren in der Kartei. Der Schwerpunkt unserer Vermittlungsarbeit ist derzeit das Ruhrgebiet, wir haben aber auch Apotheker im Norden und Süden. Gerade haben wir einen Exklusivvertrag mit Noweda abgeschlossen, künftig vermitteln wir nur an die rund 9000 Noweda-Apotheken.“
In den vergangenen zwei Jahren wurden rund 200 Apotheken mit Vertretungen versorgt. „Wir haben viele Last minute-Anfragen“, sagt Rausch. „Wir könnten die doppelte Anzahl vermitteln, aber leider fehlen uns die dafür nötigen Apotheker.“ Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem, Apotheker werden derzeit überall dringend gesucht – auch beim FBI.
Der Begriff „Senior“ ist deshalb weit gedehnt. „Unser jüngster Apotheker ist 35 Jahre alt“, sagt Rausch. Bei den älteren, die tatsächlich im Rentenalter sind, hat er festgestellt, dass es nicht alle im Ruhestand hält. „Zuerst freuen sie sich, dann aber stellen sie fest, dass man nicht andauernd mit den Enkelkindern in den Zoo möchte, so lieb sie auch sind“, erklärt er lächelnd. Dann erwacht bei vielen die Sehnsucht nach der guten, alten Offizin.
Rausch zählt die Vorteile auf, wenn man einen Senior Pharmacist engagiert: „Die Älteren wissen, wie Apotheke geht. Sie sind morgens um acht Uhr pünktlich da.“ Was nicht bedeutet, dass nicht auch jüngere Vertretungsapotheker gerne gebucht werden. Die Vermittlung ist aus seiner Sicht aber durchaus auch für junge Apotheker geeignet, die vielleicht gerade erst ihr Studium beendet haben. Die Experten der FBI GmbH gehen an Unis, veranstalten dort Frühstücksaktionen, um jungen Pharmazeuten das Projekt vorzustellen.
Wer Sicherheit sucht, ist allerdings mit einer klassischen Festanstellung besser beraten, denn FBI vermittelt nur. Die Verträge werden zwischen Auftraggeber und Vertretungsapotheker geschlossen. „Aus rechtlicher Sicht sind unsere Senior Pharmacists freischaffende Künstler. Sie verdienen, was sie dem Auftraggeber in Rechnung stellen. Wir sind ausschließlich Vermittler.“ Der Vertretungsapotheker stellt dem Auftraggeber dann eine Rechnung, im Normalfall sind das 30 bis 35 Euro pro Stunde inklusive Fahrgeld, der Senior Apotheker muss sich selbst versichern. Das Stundenhonorar ist auch von der Lage der Apotheke abhängig. „In München kann man zum Beispiel 50 bis 60 Euro verdienen.
Die Vorteile für die Apotheker erklärt Rausch so: „Wir checken die Kandidaten durch, unsere Kunden müssen sich nicht ums Personal kümmern. Für sie entfallen Inseratschaltungen, Vorarbeiten und Vorstellungsgespräche und man spart sehr viel Zeit. Die Kosten für den Auftraggeber liegen bei 50 Euro pro Tag. Bei längeren Einsätzen verhandeln wir Sondertarife.“ Der längste dauerte bisher zwölf Monate.
Aus Rauschs Sicht eignet sich der Einsatz als Vertretungsapotheker auch gut für junge Pharmazeuten, die gerade von der Uni kommen. „Wer sich selbstständig machen möchte, kann dadurch zum Beispiel ein Jahr durchs Land reisen und schauen, wie Apotheke funktioniert. Wir beginnen gerade, diese Möglichkeit zu bewerben und sind überrascht, wie hoch das Interesse ist.“