Terminservicestellen

Facharzt-Service: Nur wenige Vermittlungen

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Frankfurt/Berlin -

Der kleine Junge hatte sich beim Fußballspielen am Becken verletzt. Bevor er wieder auf den Bolzplatz durfte, sollte ein Radiologe ihn untersuchen – aber der früheste Termin war in fünf Wochen. „Die verzweifelte Mutter rief bei uns an“, erzählt Stefanie Wagner, die bei der Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Patienten bei der Suche nach einem Facharzt hilft: „Wir haben einen Termin in fünf Tagen besorgt.“

Solche Erfolgsgeschichten sind die Ausnahme. Knapp ein Jahr nach der Einführung der Callcenter ist die Bilanz eher ernüchternd. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) liegt die Zahl der Termine, die im ersten Jahr tatsächlich vermittelt wurden, bundesweit unter 120.000 – bei 580 Millionen ambulanten Behandlungsfällen pro Jahr.

Schneller zum Facharzt mit einem einzigen Telefonanruf – das war die Idee. Das Bundesgesundheitsministerium hatte sie gegen erhebliche Widerstände der Ärzteschaft durchgesetzt. Kassenpatienten brauchen dafür eine als dringlich eingestufte Überweisung vom Hausarzt. Dann können sie sich seit Januar 2016 an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ihres Bundeslandes wenden. Die Mitarbeiter müssen dem Patienten innerhalb einer Woche einen Termin beim Facharzt vermitteln, auf den der Patient dann maximal vier Wochen warten muss.

„Etwa die Hälfte der Anrufer erfüllt nicht die Voraussetzung für eine Vermittlung“, berichtet Stefanie Wagner: Sie hätten entweder gar keine Überweisung oder die Überweisung habe nicht den Code, der sie als dringlich ausweist. Viele Patienten, die anrufen, hätten „eine falsche Erwartung und falsche Vorstellungen“, sagt Wagner. Sie wollten zum Beispiel am Wunschtag zum Wunscharzt. Auch dass Patienten die Mitarbeiter am Telefon anlügen, hat sie schon erlebt.

In der HNO-Gemeinschaftspraxis am Klinikum Hanau arbeiten sieben Hals-Nasen-Ohrenärzte. Zusammen behandeln sie mehr als 400 Patienten am Tag, davon durchschnittlich 50 bis 60, die ohne Termin als Notfallpatienten reinschneien. Kranke, die über die Terminservicestellen den Weg zu Dr. Detlef Oldenburg und seinen Kollegen fanden, musste man 2016 mit der Lupe suchen. „Über die Terminservicestellen wurden 25 Patienten vermittelt“, sagt Oldenburg, „im ganzen Jahr! Und vier davon sind nicht gekommen.“

Entsprechend fällt sein Urteil aus. „Da hat man das Geld der Versicherten sinnlos rausgeworfen“, findet Oldenburg. Wenn ein Patient dringend einen Facharzt-Termin brauche, sei es „praktische Realität“ seit Jahrzehnten, dass der Hausarzt einen Facharzt anrufe und für den Kranken einen Termin vereinbare – je dringlicher, desto schneller. Die Callcenter seien „Ressourcenverschwendung“, die Maßnahme des Bundesgesundheitsministeriums nichts als „Populismus“.

Die Krankenkassen sehen das anders. „Die Terminservicestellen haben sich insgesamt bewährt“, findet die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. „Wenn Woche für Woche mehr als zweitausend Menschen über eine Terminservicestelle einen Facharzttermin bekommen, weil es anders nicht geklappt hat, dann hat sich deren Notwendigkeit bestätigt.“

„Gut, dass es die Terminservicestellen gibt“, findet auch Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz: „Jeder schnell vermittelte Facharzttermin ist eine große Hilfe für den Patienten.“ Wie auch die Krankenkassen ist auch der Patientenschützer der Meinung, dass die KVen eine Mitschuld tragen, dass das Angebot so schlecht angenommen wird: „Service sieht anders aus.“

Die Kassenärztlichen Vereinigungen waren von Anfang an gegen diese Idee. Nach einem Jahr fühlen sie sich bestätigt. In Hessen wurden nach Zählung der KV seit der Einführung gerade mal rund 9000 Termine vermittelt – im Durchschnitt 36 pro Arbeitstag. „Und das bei Kosten von rund einer Million Euro“, schimpft Vorstandsvorsitzender Frank Dastych. „Das Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen könnte nicht negativer sein.“

Die Zahl der Beschäftigten haben die Hessen bereits zurückgefahren. Statt 10 wie beim Start im Januar 2016 hat die Terminservicestelle im Januar 2017 nur noch 6,5 Mitarbeiter. Auch die Bitte, dass Fachärzte Termine für die Kunden der Telefonservicestellen blocken sollen, wurde gelockert, wie Vermittlerin Wagner berichtet: „Wir halten mehr Termine vorrätig als wir Nachfragen haben.“

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