In der Apotheke ist es wie im Supermarkt: Wer sein Produkt optimal platzieren kann, dem sind gute Verkaufszahlen garantiert. Die Pharma-Industrie offeriert Apothekern in der Schweiz Sponsoring-Gelder für gute Plätze. Ein Thema, über das Pharmazeuten nicht gerne sprechen. Hier tut es ein Apotheker anonym.
Die Schweizer Tageszeitung Blick berichtet heute unter dem Titel „Ich lass mich nicht kaufen“ über die „heiklen Zahlungen“ der Branche. Es geht ausschließlich um OTC-Produkte, die durch geschickte Platzierung dem Kunden ins Auge stechen sollen. Offiziell bestätigt das kein Apotheker.
Inoffiziell ist es in der Branche durchaus ein Thema. Begehrt sind unter Pharma-Firmen natürlich jene Apotheken, die durch eine gute Lage bestechen. Viel Laufkundschaft und viel Stammkundschaft ergeben ein großes Zielpublikum. Auch große Schaufenster sind attraktiv, denn auch dort lassen sich OTC-Produkte optimal präsentieren.
„Natürlich fließt da Geld“, sagt der Pharmazeut, der anonym bleiben möchte. Wobei es dem jeweiligen Apotheker überlassen bleibt, wie sehr er sich „verkauft“. Die große Kür sind die Schaufenster, die kleine Kür findet häufig neben der Kasse statt. Was dort platziert wird, sticht dem Kunden, der gerade beraten wird oder auf das Wechselgeld wartet, natürlich besonders ins Auge. Eine elegante Form des Sponsorings ist die Übernahme der Kosten der Pharmaindustrie für den Schaufensterdekorateur.
Harmlose Ware wie Hustenbonbons sind in Kassen-Nähe allerdings nicht gewinnbringend: „Ab 20, 30 Schweizer Franken wird es interessant“, so der Apotheker. Unter diesem Verkaufspreis würde sich die besondere Platzierung nicht lohnen. Pharma-Unternehmen bezahlen im Gegenzug, je nach Verhandlungstaktik, rund 300 CHF im Monat. „Wenn das Produkt nicht läuft, fliegt es auch schnell wieder raus“, so der Apotheker.
Die Anfragen finden nicht etwa diplomatisch-verschämt statt, sie beinhalten meist auch schon ein detailliertes Angebot. Hier Platz, da Honorar. Bei rezeptflichtigen Medikamenten ist das verboten, woran sich wohl alle halten.
Das Problem: Der Kunde erfährt davon nichts. Während er darauf vertraut, dass der Apotheker die neue Hautcreme empfiehlt, weil er sie vielleicht selbst verwendet, hat der Pharmazeut möglicherweise ganz andere Gründe – nämlich die Verkaufszahlen und das zusätzliche Honorar des Herstellers. „Große Pharma-Unternehmen wollen den Platz am liebsten gleich fürs ganze Jahr buchen“, sagt der Apotheker. Man muss schnell sein, bevor die Konkurrenz die besten Plätze ergattert.
Die Liste „pharmagelder.ch“ listet auf, was Ärzte, Apotheker, Organisationen und Spitäler von Pharmafirmen erhalten. Die Liste wird von Journalisten der Medien „Beobachter“, „Blick“, „Handelszeitung“ und „Le Temps“ geführt, alljährlich veröffentlichen Firmen gemäss dem Pharma-Kooperations-Kodex (PKK), wieviel Geld geflossen ist. Eine Information, für welche Leistung überwiesen wurde, gibt es allerdings nicht, die Liste nennt nur die Summen. Mal sind es 71 CHF, dann auch wieder ein paar tausend. Häufig bezahlen Pharma-Unternehmen Apothekern Beratungshonorare, etwa wenn es darum geht, neue Produkte fachlich einzuschätzen.
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