Arbeitsrecht

Experte: Kirchencodex sticht Therapiefreiheit

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Berlin -

Die Therapiefreiheit von Ärzten in katholischen Krankenhäusern kann wie

in der Kölner Klinikaffäre durch kirchliche Grundsätze eingeschränkt

werden. Das findet der Bochumer Arbeitsrechtler Professor Dr. Jacob

Joussen. Mit der Festanstellung gebe es neben den ärztlichen Rechten

auch vertragliche Pflichten, und die könnten die Therapiefreiheit

„überlagern“, so der Experte für kirchliches Arbeitsrecht.

Bei der Abweisung eines mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers an zwei katholischen Kliniken in Köln spielte die von der Kirche untersagte Verordnung der „Pille danach“ eine Rolle. Die Ärzte sollen die Patientin abgewiesen haben, weil sie die Kündigung befürchteten, wenn sie über das Mittel zur Verhinderung der Schwangerschaft beraten würden.

Bisher seien Kläger gegen bestimmte Moralvorstellungen oder Verhaltensregeln der Kirche „in aller Regel“ an den Gerichten unterlegen. Das habe sich in den letzten Jahren geändert, sagte Joussen: „Nicht immer müssen die Anforderungen der kirchlichen Arbeitgeber Vorrang haben“, sagte der Jurist, der an der Ruhr-Universität Bochum lehrt.

Auch die Rechte der Arbeitnehmer würden berücksichtigt. So habe das Bundesarbeitsgericht im vergangenen Jahr die Kündigung eines Düsseldorfer Chefarztes an einer katholischen Klinik aufgehoben. Die Richter hatten zwar den Sonderstatus der Kirche bestätigt, gleichzeitig aber auch die Grundrechte der Kirchen gegen die Freiheitsrechte der Arbeitnehmer abgewogen.

Es sei nicht ausdiskutiert, wie Richter die Therapiefreiheit als Gegenpol zur Anforderung des Arbeitgebers – etwa keine „Pille danach“ zu verschreiben – bewerten würden. „Therapiefreiheit ist kein verbrieftes Grundrecht im engeren Sinne. Ob das stärker als die Verhaltensanforderung sein kann, da habe ich meine Zweifel.“ Therapiefreiheit werde aus seiner Sicht durch die kirchliche Regelung eher verdrängt.

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