Klein, groß, dick, schlank, Inländer, Ausländer, Kranke, Gesunde, Kinder, Veganer: Die Apotheke ist für jeden da. Jeder Ratsuchende hat unterschiedliche Bedürfnisse und auch Vorstellungen von der Beratung. Dann gibt es noch die Touristen, die zur Laufkundschaft gehören und zum Beispiel am nächsten Tag zurückfliegen. Die Kommunikation ist nicht immer einfach, aber zum Glück gibt es WhatsApp-Bilder und Google.
Zwischen Rabattverträgen, Hilfsmittelanträgen und Retaxationen freue ich mich immer wieder, wenn Touristen in die Offizin kommen. Sie bringen frischen Wind in den Alltagstrott herein. Erfahrungsgemäß wollen sie außergewöhnliche beziehungsweise selten nachgefragte Produkte kaufen. Noch seltener kommt es vor, dass sie etwas für die Reiseapotheke brauchen. Manchmal wollen sie auch nur wissen, ob es zu Stabilitätsproblemen beim gekauften Arzneimittel kommen kann, beispielsweise, weil sie zurück nach Asien fliegen und die Außentemperatur um die 30 Grad beträgt.
Vor Kurzem kam ein Kunde in die Apotheke, männlich, groß, schlank. Ich sah ihn schon, als er gelassen in der Reihe stand. Er hatte sein Handy in der Hand. Dann kam er endlich dran: „Excuse me, do you have this one?“ Er zeigte mir ein Bild, es war leicht verschwommen. Darunter sah ich zwei Zeilen mit ganz vielen asiatischen Schriftzeichen, als Europäerin konnte ich natürlich nicht viel damit anfangen. Chinesisch oder doch Koreanisch? Jetzt bloß keinen Fehler machen! Ich versuchte ganz geschickt an Hintergrundinformationen zu kommen. Er antwortete mir, dass er aus Korea komme. Puuh, erleichtert.
Doch zwischen Wörtern wie 아름다움 und 캡슐 versteckten sich lateinische Buchstaben. Mir wurde warm ums Herz. Ich las: „Schoenheitskapseln“. Da kam ich der Sache schon näher. „I have to buy this capsules for my wife“, erklärte er mir. Und genau die sollten es sein und keine anderen. Vielleicht gibt es dann Ärger zu Hause, wer weiß.
Ich googelte den Begriff in der Hoffnung, genau dieses Produkt zu finden. Tatsächlich, ich hatte Glück. „I think I’ve found it”, teilte ich ihm glücklich mit. Sein Endorphin-Spiegel erhöhte sich; er begann zu lächeln. Ich suchte nach der PZN, um sie dann schnell im Computer einzugeben. Wenn ich nur „Schönheitskapseln“ eingab, kamen zwar mehrere Produkte, aber ich wusste ja nicht, wie sie aussahen. Beim Großhändler konnte ich auch nicht mehr anrufen.
Ich dachte, Google weiß immer alles, doch auf der Suche nach der PZN kam dann die Ernüchterung: Ich fand einfach keine! Eine Rückfrage beim Kollegen bestätigte meine Vermutung, die Schönheitskapseln waren nur direkt über den Hersteller zu beziehen. „I’m so sorry, I can’t order this capsules. We have to order them from the manufacturer, but you can also do it.“ Da er am nächsten Tag zurückflog, machte ihn die Antwort verständlicherweise nicht glücklich. Er bedankte sich trotzdem für meine Mühe. „Have a nice flight!“, wünschte ich ihm.
Nach dem Googeln von Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln bleibt ja immer mal was hängen. Diesmal habe ich gelernt, dass „Schönheit von innen kommt“. Deshalb soll man auch diese Kapseln schlucken. So zumindest hatte es der Hersteller auf seiner Website beworben.