Delmenhorst

Noch mehr Gilurytmal-Opfer? dpa, 21.06.2016 17:48 Uhr

Oldenburg - 

Niels H. sitzt im Gefängnis, weil er Patienten zu Tode spritzte. Verurteilt wurde er wegen fünf Taten, doch inzwischen gehen die Ermittler von mindestens 24 möglichen Opfern aus. Jetzt wollen sie weitere Details bekanntgeben.

Polizei und Staatsanwaltschaft informieren an diesem Mittwoch in Oldenburg darüber, ob der ehemalige Krankenpfleger Niels H. noch mehr Menschen als bisher bekannt getötet hat. Der bereits wegen Mordes verurteilte Delmenhorster Ex-Pfleger hatte im Gericht gestanden, für den Tod von bis zu 30 Menschen verantwortlich zu sein. Er spritzte ihnen heimlich eine Überdosis eines Herzmedikaments.

Der heute 39-Jährige könnte für eine der größten Mordserien an Krankenhäusern in Deutschland verantwortlich sein. Die Sonderkommission „Kardio“ hat mehr als 200 Verdachtsfälle an früheren Arbeitsstellen des Mannes untersucht. Zum Inhalt der geplanten Pressekonferenz wollte sich Soko-Sprecherin Maike Meisterling im Vorfeld nicht äußern.

Vor zwei Monaten hatten die Ermittler bekanntgegeben, dass Gerichtsmediziner nach der Exhumierung bei drei toten Patienten Rückstände des Herzmedikaments nachweisen konnten. Damit stieg die Zahl der möglichen Opfer von Niels H. auf 24. Insgesamt öffnete die Polizei über 80 Gräber von ehemaligen Patienten des Klinikums Delmenhorst auf niedersächsischen Friedhöfen. Die Ergebnisse der Exhumierung sollten Mitte Juni feststehen.

Niels H. hatte Unterforderung im klinischen Alltag als Motiv für seine Taten angegeben. Wenn er Kranke habe wiederbeleben können, habe er sich als Held gefühlt. Er will lediglich in seiner Delmenhorster Zeit von 2003 bis 2005 Patienten geschadet haben. Allerdings zweifelten die Ermittler daran. An seiner vorherigen Arbeitsstelle am Klinikum Oldenburg wurden ebenfalls auffällige Todesfälle untersucht.

Die Soko „Kardio“ will auch über die Ermittlungen gegen Verantwortliche des Klinikums Oldenburg und des Klinikums Delmenhorst berichten. Ermittelt wurde in der Vergangenheit wegen Totschlags durch Unterlassen.

Im Prozess hatten frühere Delmenhorster Kollegen ausgesagt, dass es auffällig oft Wiederbelebungen in den Schichten des Ex-Pflegers gegeben habe. Zudem stieg der Verbrauch des Herzmedikaments in seiner Zeit auf der Intensivstation sprunghaft, die Todesrate verdoppelte sich nahezu.