Apothekenübernahme ohne Brimborium

„Es gibt Wichtigeres als Luftballons und Blümchen“

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Berlin -

Im August hat Dirk Lammert die Linden-Apotheke von Norbert Ernst in Mönchengladbach als seine Filiale übernommen. Der Verkauf ging selbstverständlich nicht still und heimlich vonstatten, dennoch haben sich Vorgänger und Neu-Inhaber für einen nahtlosen Übergang ohne Festveranstaltung entschieden. Dafür gibt es ganz bestimmte Gründe.

Dirk Lammert ist im Stadtteil Windberg aufgewachsen – in einer Wohnung über einer Apotheke. Die Offizin faszinierte ihn. Jede Gelegenheit nutzte er, um hineinzugehen. „Ich war begeistert von den vielen alten Standgefäßen, die man dort sah. Und dann dieser gewisse Geruch, der so typisch ist für Apotheken – ich habe mich da einfach wohl gefühlt. Zudem war die Apothekeninhaberin eine wirklich sehr herzliche Dame.“

1991 erlangte Lammert schließlich selbst die Approbation und übernahm zwei Jahre später genau die Apotheke, die er bereits in Kindertagen in sein Herz geschlossen hat: die Ulmen-Apotheke in Windberg in Mönchengladbach. „Die Vorbesitzerin war damals schon um die 70 Jahre alt und suchte einen Nachfolger, um in den wohlverdienten Ruhestand gehen zu können.“

Zeit, die Übergabe einzuleiten

So auch der Gedanke von Norbert Ernst. „Ich bin jetzt 65 Jahre alt. Ich wollte ich mich allmählich aus dem Berufsleben zurückziehen.“ Seine Linden-Apotheke in Hardt hat er über 30 Jahre geführt. Begonnen hat er damals dort als angestellter Apotheker, bevor er am 2. Januar 1993 den Betrieb übernahm und das gesamte Haus kaufte. Seither wohnt er im Gebäude über dem Betrieb. „Das war sozusagen immer eine sehr enge Verbindung zwischen den eigenen Wohn- und Geschäftsräumen. Deshalb war es mir wirklich wichtig, dass jemand die Apotheke übernimmt, dem ich vertraue.“ Auch für seine Mitarbeiter:innen und die Kundschaft sei es bedeutend, dass jemand seine Position übernimmt, der die gleiche Art und Denkweise verfolge. Das Angebot der Übernahme seiner Apotheke sei von Ernst relativ spontan bei einem zufälligen Telefonat der beiden Männer gekommen. Er weiß, Lammert lehnt Preisaggressivität und übertriebenes Marketing ab. „Das liegt mir fern“, bestätigt Lammert. „Da denken wir gleich.“

Kameradschaftlich seit vielen Jahren

Lammert und Ernst kennen sich seit vielen Jahren: vom Apothekerstammtisch in Mönchengladbach und weil Lammert stellvertretender Kreisvertrauens-Apotheker ist. Außerdem waren beide gemeinsam bei der Bundeswehr als Reservisten aktiv. Einmal jährlich führten sie Wehrübungen in Bundeswehrkrankenhäusern aus. Ernst, der den Dienstgrad eines Oberst-Apothekers der Reserve hat, in Westerstede und Coblenz. Lammert ist Oberfeld-Apotheker der Reserve und absolvierte seine Übungen in Hamburg. Durch die Bundeswehrkameradschaft wuchs über die Jahre ein Vertrauensverhältnis zueinander.

Tagesgeschäft hat Vorrang

Die Übergabe der Linden-Apotheke erfolgte zum 1. August. Während der frühere Inhaber sein 10-jähriges und auch sein 20-jähriges Jubiläum gefeiert hat, ließ er eine Party zum 30-Jährigen sausen. „Da war der Verkauf schon mitten im Gange“, begründet Ernst seine Entscheidung. Aber auch der Übergabe im Sommer wurde kein besonderes Augenmerk verliehen. „Wir haben und bewusst dazu entschlossen, uns lieber dem Tagesgeschäft zu widmen, was ja in diesen Zeiten auch sehr herausfordernd ist“, berichtet Lammert, „und auf Luftballons und Blümchen zu verzichten.“ Eine Festveranstaltung zu planen, ob nun groß oder klein, raube momentan zu viel nötige Zeit. „Da gibt es Wichtigeres.“

Ebenso habe man nicht irgendwelche Mutmaßungen in der Bevölkerung wecken wollen, die Übergabe würde etwas verändern. „Ein Fest zur Übernahme hätte bei den Menschen vielleicht den Eindruck einer Neuerung entstehen lassen. Das wollten wir vermeiden. Die Apotheke soll genau die bleiben, die von ihren Kund:innen seit 30 Jahren geschätzt wird“, erklärt Ernst. Dennoch seien die Kund:innen selbstverständlich über den Wechsel informiert worden. Aber ändern werde sich in den Räumlichkeiten der Linden-Apotheke nichts. Auch das Personal bleibt erhalten.

Ende gut, alles gut

Sogar Norbert Ernst selbst wird hin und wieder in der Offizin zugegen sein. „Man braucht ja immer mal jemanden, der schnell einspringen kann und auf den man sich verlassen kann“, so Lammert. „Und da Herr Ernst im Haus wohnt, unterstützt er uns, auch mal spontan, für ein paar Stunden in der Woche.“

Der ehemalige Inhaber ist froh, seine Apotheke in gute Hände übergeben zu haben: „Das war genau das Richtige. Es war zur richtigen Zeit und es war richtig, wie ich die Sache angegangen bin. Außerdem lag ich richtig bei der Wahl meines Nachfolgers. Es passt für mich zu 100 Prozent. Ich bin sehr glücklich.“

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