Erwin Müller: Kein Erbe für Adoptierte dpa, 29.07.2024 13:29 Uhr
Das Landgericht Ulm hat die Klage der drei Adoptivkinder gegen den Drogeriechef Erwin Müller und seine Frau abgewiesen. Die erwachsenen Adoptierten hatten gegen einen Vertrag geklagt, in dem sie zuvor auf ihren Pflichtteil des Erbes verzichtet hatten. Dieser sogenannte Pflichtteilsverzichtvertrag sei – anders als von der Klägerseite behauptet – weder aus formellen Gründen noch aufgrund anderer Formverstöße nichtig, teilte das Gericht in Ulm in seiner Entscheidung mit.
Die Richterin ließ das Argument der Kläger nicht gelten, dass diese den Vertrag nicht ausreichend lange im Voraus bekommen hätten. Ihnen sei bekannt gewesen, dass es einen Beurkundungstermin geben und der Pflichtteilsverzichtsvertrag unterschrieben werden sollte. Außerdem ging die Kammer davon aus, dass die bereits erwachsenen Adoptierten die Tragweite ihres Verzichts abschätzen konnten.
Auch von einer seelischen Zwangslage, wie die Kläger behauptet hätten, habe sich die Kammer nicht überzeugen können, sagte die Richterin. Ebenso wenig gehe die Kammer davon aus, dass die Adoptierten finanziell abhängig gewesen seien.
Den Streitwert setzte das Landgericht nach Angaben einer Sprecherin auf den gesetzlichen Höchstwert von 30 Millionen Euro fest. Das Ehepaar Müller hatte die drei Erwachsenen demnach im Jahr 2015 im Rahmen einer Erwachsenenadoption adoptiert. Weder die drei Adoptierten noch das Ehepaar Müller und die jeweiligen Anwälte waren bei der Urteilsverkündung anwesend. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Pflichtanteil gefordert
Begonnen hatte die Verhandlung im Mai. Die drei Adoptierten hatten ihren Pflichtteil des Erbes gefordert und deswegen gegen den 91-Jährigen und seine Frau geklagt. Schon beim Prozessauftakt war die Kammer in ihrer vorläufigen Rechtsauffassung nicht davon ausgegangen, dass der Vertrag nichtig ist. Damals waren die drei Adoptivkinder und Müllers Frau anwesend. Müller selbst war nicht erschienen.
Laut Bild handelt es sich bei den beiden Männern und der Frau um Jagdfreunde Müller, die er uns seine Frau adoptiert hatten, nachdem es 2015 zum Bruch mit dem leiblichen Sohn gekommen war. „Ziel der Aktion: Den Pflichtteil von Reinhard Müller zu schmälern.“ Nach der Niederlage suchen sie nun einen Finanzier, da die Prozessekosten angesichts des Streitwerts von 30 Millionen Euro siebenstellig sind.
Müller ist gelernter Friseur und richtete 1953 nach Firmenangaben in der elterlichen Wohnung im bayerischen Unterfahlheim seinen ersten Salon ein, den er später nach Neu-Ulm verlegte. 1966 kam er demnach auf die Idee, im Salon auch Kosmetik und Drogerieartikel anzubieten. 1969 brachte Müller den Angaben zufolge von einer Rundreise durch Kanada und die USA die Idee von Drugstores mit Waren des täglichen Bedarfs und von großen SB-Warenhäusern mit. 1973 eröffnete er demnach in Ulm schließlich seinen ersten reinen Drogeriemarkt.
Heute hat die Drogeriekette eigenen Angaben zufolge rund 35.000 Mitarbeiter und mehr als 900 Filialen in Europa.