Prüfungsvorbereitung

Erstis: „Ich frage mich, wann ich das alles lernen soll“

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Berlin -

Endspurt: Ende Januar geht die Prüfungszeit los, das erste Semester ist so gut wie vorbei. Komplettes Neuland betreten die Erstis damit allerdings nicht, denn im Gegensatz zu manch anderem Studium quält die Pharmazie ihre Pennäler mit allerlei Testaten, großen und kleinen Zwischenprüfungen. Trotzdem gilt: Organisation ist alles. APOTHEKE ADHOC begleitet die nächste Apothekergeneration bei ihren ersten Schritten zwischen Hörsaal, Wohnheim und Labor.

„Anorganische Chemie ist schon beängstigend“, sagt Paul Wohlegmuth. „Da so ein riesiger Komplex, den man da wissen und verstehen muss. Momentan ist das meine größte Baustelle.“ 60 bis 70 Nachweisreaktionen müsse er bis zur Prüfung auswendig lernen. „Inklusive Vorproben sind das bestimmt 100. Und nur zwei werden abgefragt...“ Die Devise wäre eigentlich: Mut zur Lücke! Aber ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. „Anders als im Abitur muss man das hier wirklich verstehen. Dieses ‚Man muss nur wissen, dass das so ist, nicht warum‘ reicht an der Uni nicht mehr“, erklärt der Jenaer Student.

So seien die Redox-Reaktionen in der Schule nie vollständig gewesen. Musste damals nur gezeigt werden, wer Elektronen aufnimmt und wer abgibt, müssen an der Uni auch noch Ladung und Masse ausgeglichen werden. Ist das nicht frustrierend? „Nein“, sagt Paul, „es ist sogar sehr schön, endlich richtiges Wissen zu erhalten und nicht in zwei Jahren zu lernen, dass es alles doch nicht ganz so war, wie man es beigebracht bekommen hat.“

Aber wie schafft man sich all das neue und das neu-alte Wissen schlussendlich drauf? Dazu gibt es unter Studenten verschiedene Archetypen: vom „Bulimie-Lernen“ bis zum regelmäßigen Nacharbeiter und vom diskursorientierten Erklären in der Gruppe bis zum tief im WG-Zimmer eingegrabenen Nachtpauker ist alles dabei. „Ich habe gemerkt, dass es am besten funktioniert, wenn ich mich nach jeder Vorlesung direkt hinsetze und nacharbeite“, sagt beispielsweise Sebastian Reuter. „Dann macht es irgendwann Klick. Ansonsten stapelt es sich nur.“

Auch er musste schon in die Zwischenprüfung im Kolloquium und versteht deren Sinn. „Ich habe durch das Kolloquium realisiert, was die Anforderungen und der Anspruch sind“, sagt der 24-Jährige. „’Oh Gott, wie soll ich das alles schaffen?‘, habe ich mich vorher gefragt.“ Am Ende lief es gut – und beruhigte ihn umso mehr. „Wir wurden zu zweit geprüft. Ich bin mit einem Kommilitonen hereingekommen und jeder hat drei Aufgaben erhalten. Es war eine sehr entspannte Atmosphäre.“ Vor allem das Verhalten seiner Dozentin habe ihn bestärkt: „Ich hatte das Gefühl, sie will schauen, was man kann – nicht, was man nicht kann.“

In Greifswald geht es Anne Brechlin ähnlich. „Ich frage mich, wann ich das alles lernen soll“, sagt sie. Auch ihr bereiten vor allem die Allgemeine und die Anorganische Chemie Sorgen. „Da bin ich nicht ganz so optimistisch. Ich hab mir die Altklausuren angeschaut. Die wollen so viele Details wissen, bei denen ich nicht mal weiß, wo ich die nachschauen kann!“

Und auch für die Erstis ist das Gras im Nachbargarten grüner als das eigene: „Ich hab das Gefühl, die anderen sind alle noch am chillen“, sagt sie mit einer Mischung aus Unsicherheit und Amüsement. Dabei hat sie ebenso Erfolgserlebnisse vorzuzeigen wie ihre Kommilitonen. Nicht nur lief auch ihr Kolloquium sehr gut, sie hat auch einen der unbeliebtesten Brocken hinter sich gebracht: Vokabeln pauken. Noch vor einigen Wochen klagte sie, ihr Plan, jeden Tag zwei Vokabeln zu lernen, gehe nicht auf, weil sie die Grammatik nicht durchsteigt. Doch manchmal muss schlicht der Knoten platzen. „Man kann es kaum glauben, aber ich kann mittlerweile tatsächlich alle Vokabeln auswendig!“ Nur mit ein Ersti-Thema werde sie sich für das zweite Semester aufheben, nämlich die geschobene Physik-Klausur. Ihr einziges Statement dazu: „Das Wort Physik existiert im Moment nicht.“

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