Erste Apotheke mit 25 Silvia Meixner, 20.01.2018 08:56 Uhr
Ein Anruf bei Nadine Rockstroh im Vogtland ist angesichts ihres Optimismus wie ein Frische-Kick: Vor wenigen Tagen hat die 25-Jährige ihre erste eigene Apotheke eröffnet. Als Tochter einer Apothekerin ist sie in der Offizin aufgewachsen. Da lag der Berufswunsch nahe.
Mögen anderswo Apotheken schließen, sie ist vom Erfolg ihres Projekts überzeugt. Die neue „Lieblingsapotheke“ haben die Bürger Reichenbachs nämlich quasi eingefordert. „Schon vor einigen Jahren hat der Seniorenverband gesagt, dass im Gebiet um den Wasserturm eine Apotheke fehlt“, sagt Rockstroh. Aber es gab keine passende Immobilie. Bis vor einigen Monaten. Da schloss das Matratzengeschäft und plötzlich war die Chance da. „Ich habe mit meiner Mutter die Immobilie angeschaut und wusste, dass ich das machen will.“
Sofort entstand vor ihrem geistigen Auge die Apotheke, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft eines der Wahrzeichen Reichenbachs befindet. Der Wasserturm wurde im Jahr 1926 im Stile des Funktionalismus erbaut und ist bundesweit einzigartig. Von seiner Spitze aus hat man einen herrlichen Ausblick bis ins Thüringer Vogtland. Das zweite Wahrzeichen der Stadt ist die Göltzschtalbrücke, die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Der Viadukt mit 98 Bögen ist ein Wahrzeichen des Vogtlands und überspannt die Bahnstrecke Leipzig/Hof über dem Tal der Göltzsch zwischen Reichenbach und Netzschkau.
Der Wasserturm ist auch im Logo der Lieblingsapotheke zu sehen, das den schlichten Turm in Schwarz-Weiß in einem roten Herz zeigt. Im Viertel rund um den Wasserturm gibt es einige Wohnblocks, gegenüber einen Lidl, nebenan befindet sich ein Kaufland, Obi, Aldi und Netto sind in Laufnähe. „Die Lage ist 1A“, sagt die Apothekerin. Und die nächste Apotheke ist rund eine Viertelstunde in Richtung Innenstadt entfernt. Bei 21.200 Einwohnern hat Reichenbach nun fünf Apotheken.
„Am Eröffnungstag haben uns die Leute die Apotheke eingerannt“, erzählt Rockstroh. In drei Stunden kamen 300 Kunden. Auch der Bürgermeister von Reichenbach war da, um zu gratulieren. Auf 200 Quadratmetern erfüllte sich die junge Apothekerin ihren Traum von der Selbstständigkeit. Dabei konnte sie auf die Unterstützung ihrer Mutter bauen. „Ich habe damals noch als angestellte Apothekerin in Stralsund gearbeitet. “ Sie kündigte, musste aber noch drei Monate im Norden arbeiten. Parallel dazu erfolgte die Planung der Selbstständigkeit mit Kreditverhandlungen und Klärung der Einrichtungsfragen. „Mit meiner Mutter habe ich starke Rückendeckung. Und meine Schwester, die Marketing studiert hat, hat beim Logo geholfen und macht die Facebook-Betreuung.“
Rockstroh ist zielstrebig und hatte immer ein klares Ziel vor Augen. Nach dem Abitur studierte sie Pharmazie in Greifswald, stets begleitet vom Traum von der Selbstständigkeit. Zwei PTA und eine PKA bilden das Start-Team, derzeit sucht Nadine Rockstroh noch eine Apothekerin oder einen Apotheker. Besonderes Goodie: Es müssen keine Notdienste übernommen werden. „Ich habe zufällig im Haus der Apotheke kurzfristig eine Wohnung gefunden. Wenn ich Notdienst habe, muss ich also nur runter laufen.“ Deshalb übernimmt die Chefin freiwillig alle Notdienste.
Für Zweifler, die ihr die schlechte Situation vieler Apotheker vor die Nase halten, hat sie keine Zeit. Und auch kein Verständnis. Sie hat ihr Projekt schließlich akribisch geplant und ausgeführt. „Man braucht viel Elan. Wenn man zweifelt, macht man es nicht. Ich wollte gleich nach dem Studium loslegen. Ich liebe meinen Beruf, berate gerne Menschen und freue mich, wenn sie wiederkommen und erzählen, dass ich ihnen helfen konnte“, sagt sie. Und eines könnten Versandapotheken niemals leisten: „Apotheken wird es immer geben, weil Menschen sie immer brauchen werden. Stellen Sie sich einfach mal einen Notdienst übers Internet vor.“ Schlicht undenkbar. Mit ihrem jungen Team will sie die Kunden überzeugen.