Zytostatika

Ermittlungen gegen Lapharm und 66 Ärzte und Apotheker dpa/APOTHEKE ADHOC, 18.04.2012 19:45 Uhr

Berlin - 

Um 11 Uhr kamen die Ermittler. An 200 Standorten in 13 Bundesländern wurden am Mittwoch zeitgleich Privat- und Geschäftsräume von Onkologen, Zytoapothekern sowie von Verantwortlichen der Pharmafirma Lapharm durchsucht. Über das Beratungsunternehmen „rgb Onkologisches Management“ mit Sitz in Sarstedt bei Hildesheim soll der bayerische Zytospezialist unerlaubte Provisionen und Rückvergütungen für die Verschreibung seiner Krebsmittel an Ärzte gezahlt haben. Insgesamt sollen 1,5 Millionen Euro geflossen sein.

 

Laut Staatsanwaltschaft Hannover werden 48 Onkologen und 18 Zytoapotheker verdächtigt, an dem Geschäftsmodell beteiligt gewesen zu sein. Die Provisionen seien von der Beratungsfirma als Honorare für Anwendungsstudien getarnt gewesen.

Es bestehe der Verdacht, dass es sich dabei um Scheinstudien handele, da das Verhältnis von Zahlung und Gegenleistung „völlig unangemessen“ gewesen sei, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Gegen die Verantwortlichen des Pharmaunternehmens und der Beratungsfirma bestehe der Verdacht der gewerbsmäßigen Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Den Ärzten werde gewerbsmäßige Bestechlichkeit und den Apothekern Beihilfe vorgeworfen. Es seien umfangreiche schriftliche Unterlagen und Computerdateien sichergestellt worden. Es habe sich auch herausgestellt, dass einige Ärzte rechtswidrige Angebote abgelehnt hätten.

 

 

Ausgangspunkt seien die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Erfurt gegen einen Arzt und einen Apotheker gewesen. Diese hätten zu dem eigenen Komplex geführt. Offenbar wurden bei den Durchsuchungen die Kundenlisten der beiden Schwesterfirmen abgearbeitet.

Über welchen Mechanismus das Modell funktionierte, wollte der Sprecher nicht verraten. Möglicherweise hatten die Ärzte die Belieferung durch die Apotheker vom Einsatz der Präparate abhängig gemacht. Bei Lapharm war am Abend niemand mehr zu erreichen. Bei RGB will man zu einem späteren Zeitpunkt eine Stellungnahme abgeben.

Lapharm war 2003 in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt gegründet worden und hat seinen Firmensitz seit 2007 im oberbayerischen Rosenheim. Gesellschafter von Lapharm sind neben Geschäftsführer Michael Karl Paul Fraenkel und dem Kölner Zulassungsspezialisten Dr. Werner Roth die beiden RGB-Eigentümer Rainer Göttel und Annette Schlichting.

RGB ist nach eigenen Angaben auf Qualitätssicherungsprojekte in der Onkologie spezialisiert, Lapharm vertreibt rund ein Dutzend onkologische Präparate. Ab 2009 kooperierte die Firma mit dem Kölner Hersteller Stragen sowie dem Bielfelder Unternehmen Apocare/Aries.