Warten auf lebenswichtige Arzneimittel

Engpass: „Trulicity ist ein Horror“

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Berlin -

Dr. Alexander Schröder ist genervt und bedrückt: Viele Kundinnen und Kunden seiner Rosen-Apotheke in Melsungen (Hessen) und seiner Filialen in der Umgebung sind auf den GLP-1-Rezeptoragonisten Dulaglutid (Trulicity) angewiesen. Die anhaltenden Lieferschwierigkeiten verärgern seine wartende Kundschaft, die das Apothekenteam immer wieder vertrösten muss. „Gerade Trulicity ist ein Horror. Wir haben zum Teil noch aus dem Januar Bestellungen, die wir nicht beliefert haben. Es ist einfach frustrierend für alle.“

Viele seiner Kunden seien wegen der anhaltenden Knappheit mittlerweile auf Insulin oder andere Alternativen umgestellt worden. Andere stehen auf der Warteliste der Rosen-Apotheke. Durch die monatelange Wartezeit verfallen die Rezepte; ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor für die Apotheke: „Wir können ja nicht sicher sein, dass wir das überhaupt noch bezahlt bekommen.“ Schröder und sein Team fordern sukzessive neue Rezepte an: „Das ist natürlich auch für die Ärzte blöd, es klappt auch nicht immer.“

Das E-Rezept ist dabei keine große Hilfe. „Eine Datumsänderung bei einem Papierrezept war ja immer etwas leichter möglich“, weiß der Inhaber.

In Deutschland knapp

Insgesamt sei das Unterfangen Trulicity für alle Beteiligten eine frustrierende Situation. „Die Kunden sind wütend und enttäuscht.“ Die Wogen glätten müssen Schröder und Team, während der Großhandel dem Inhaber versichert, dass Trulicity kontingentiert sei und er dann und wann ein paar Einheiten abbekomme. „Ich habe einfach das Gefühl, es wird eben nicht gerecht verteilt. Wir sind deshalb extrem frustriert.“

Dem Großhandel will Schröder keinen Vorwurf machen. Zwar könne dieser über die Mengen, die er hat, verfügen. „Ich kann mir schon vorstellen, dass Trulicity hier und da als Lockmittel verwendet wird, um kleine Besteller zu großen Bestellern zu machen.“ Als Hauptursache vermutet Schröder aber Herstellergründe oder den niedrigen Preis für Trulicity auf dem deutschen Markt. „Leuchtet mir schon ein. Ich würde es auch nicht nach Deutschland verkaufen, wenn es in anderen Ländern teurer wäre.“

Gelistet sind beispielsweise vier Fertigpens Trulicity 1,5 mg mit 103,47 Euro, während Lilly Direct den Listenpreis in den USA mit 977,42 US-Dollar – umgerechnet 908,73 Euro – angibt.

Lieferengpass?

Apothekerin Thea Schmidt* kennt diese Problematik ebenfalls nur zu gut. „Einer unserer Kunden ist derart verzweifelt, dass er sich an das Bundesgesundheitsministerium (BMG), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und den Hersteller gewendet hat. Mit den Antworten der Institutionen kam der Kunde zu uns. Für einen Laien war nicht alles, was geschrieben wurde, verständlich formuliert“, ärgert sich die Inhaberin.

Während das BMG neben Maßnahmen wie dem Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) hinwies und auf den Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen des BfArM verwies, attestierten dem Kunden sowohl sein Diabetologe als auch das BfArM und der Hersteller, dass ausreichend Trulicity vorhanden sei. Er müsse sich nur an die Apotheke seines Vertrauens wenden, und diese müsse sich rechtzeitig um eine Bestellung beim Großhandel bemühen.

Verzweifelter Kunde

„Mittlerweile sind unserem Kunden die Spritzen ausgegangen und wir bekommen keine Ware nach“, bedauert Schmidt. Auch sie führt eine Warteliste: Auf dieser steht besagter Kunde seit Mitte Dezember, seit Ende März steht ihm kein Trulicity mehr zur Verfügung. Eine Umstellung auf Insulin oder Metformin kommt bei Schmidts Kunden nicht in Frage: „Er war mit Trulicity über Jahre perfekt eingestellt“, ärgert sich die Apothekerin.

Von den Auswirkungen, die die fehlenden Dosen Trulicity verursachen, berichtete der Kunde der Inhaberin. Eine Woche ohne den GLP-1-Rezeptoragonist sei der morgendliche Nüchternglukosewert des Kunden noch bei 127 mg/dl gewesen. Dies liegt zwar über dem Normbereich, „für ihn ist der Wert aber noch in Ordnung“, kommentiert Schmidt. In den Folgewochen kletterten die Morgenwerte von 170 mg/dl über 195 mg/dl auf einen Maximalwert von 228 mg/dl. „Das ist nicht nur bedauerlich, sondern eine Katastrophe.“

* Name von der Redaktion geändert.

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