Seit 2014 leisten Carsten Hase und Isolde Maiwald-Hase rund um die Uhr Dienst in Helgolands einziger Apotheke. Doch das schöne Panorama der einzigen Hochseeinsel Deutschlands entschädigt längst nicht mehr für die Belastung. Deshalb war dem Apothekerpaar schon seit Monaten klar, dass eine Veränderung notwendig ist. Nun steht eine Nachfolgerin bereit, die nicht denselben Aufwand betreiben muss, da das bisherige Inhaberpaar als Angestellte bleibt und somit auch eine Vertretung sicher ist.
Auf Helgoland ist Freudenstimmung: Nach monatelanger Suche hat Hase endlich eine Nachfolgerin für seine Insel-Apotheke – „eine große Erleichterung“. Noch gebe es keine finale Unterschrift, aber alle Details sind geklärt und eigentlich kann nichts mehr dazwischen kommen. „Ich bin absolut positiv gestimmt“, erklärt Hase, auch wenn er sich noch nicht ganz traut, die Übernahme als endgültig gesichert anzusehen.
Am Ende sah es tatsächlich besser aus, als zwischenzeitlich noch gedacht: Er hatte Auswahl für seine Nachfolge. „Es waren drei Gruppen, zwischen denen ich mich entscheiden konnte – und als Viertes die Gemeinde.“ Letztere wäre notfalls eingesprungen im Rahmen einer Notapotheke, denn seine Insel ohne Apotheke zu lassen, das konnte sich Bürgermeister Thorsten Pollmann (parteilos) nicht vorstellen. Gemeinsam wurden entsprechende Vorbereitungen für die Notlösung getroffen.
Doch nun hatte Hase sogar mehrere Bewerber. Wonach er entschieden hat? „Ich bin danach gegangen, was für die Insel am besten ist“, meint Hase. Zwei der Bewerbungen wären vom Festland gekommen, stundenweise oder mit Teilzeit-Lösungen für die Helgoländer Apotheke. „Wenn hier eine Familie herkommt und sich kümmert und hier lebt, dann ist das das beste.“
Und genau das möchte die neue Bald-Inhaberin. Apothekerin Anika Schwarzmann arbeitet aktuell noch in der Maximilium Apotheke in Donauwörth von Inhaber Ralf Metzger. Ihr Team rund um Filialleiterin Ute Offinger wird sie schmerzlich vermissen. Die Apotheke und das Team seien toll, so richtig angekommen war sie als langjährige Wahl-Berlinerin in Bayern die letzten Monate aber nicht so richtig. Ihr Mann, gebürtiger Engländer, den sie über Ärzte ohne Grenzen kennengelernt hat, ebenfalls nicht: „Dem geht das schöne Wetter in Bayern langsam auf den Keks“, sagt Schwarzmann und lacht. Daher zieht die fünfköpfige Familie jetzt aller Voraussicht nach im Februar auf die Nordseeinsel.
Ersatz für sie wird in Donauwörth bereits händeringend gesucht: „Das ist wirklich eine tolle Apotheke, top Team und eine super Chefin!“, bewirbt Schwarzmann ihre bisherige Stelle. Die Filialleiterin würde sie am liebsten mitnehmen nach Helgoland, stellt die Apothekerin lachend fest.
„Das ist für uns ein ganz großes Abenteuer“, berichtet Schwarzmann. Sie habe aber auch „ein bisschen Angst vor dem Inselkoller“. Wie das Leben auf Helgoland für sie wird, kann sich die ganze Familie noch nicht so richtig vorstellen. Lange Jahre haben sie in und um Berlin gelebt, „das ist ja jetzt das absolute Gegenteil und ein komplett anderes Kundenklientel“. Sie und ihr Mann seien aber schon immer unternehmungslustig gewesen und gespannt auf Neues; da passe der Umzug gut ins Bild. Auch für die Kinder könnte das Leben auf der Insel eine gute Erfahrung werden, hofft die Mutter. Der Umzug wurde gemeinsam und einstimmig im Familienrat beschlossen.
Von der Suche des Apothekerpaars Hase nach einer Nachfolge hat sie erst jetzt im Herbst etwas mitbekommen, doch die Insel als eigener Mikrokosmos konnte überzeugen. Und noch etwas überzeugte: Inhaber Hase und seine Frau haben nicht etwa vor, Helgoland zu verlassen, sondern sie wollen bleiben. Sie werden als Angestellte zur Verfügung stehen und auch mal den Notdienst sowie eine Urlaubsvertretung übernehmen – Vorzüge, die die beiden selbst in ihren zehn Jahren in der Apotheke nicht hatten. „Das ist phantastisch, dass sie sich entschieden haben, zu bleiben. Das ist eine Win-win-Situation.“ Zwischenzeitlich will das Ehepaar Hase auch als Vertretung in anderen Apotheken deutschlandweit arbeiten.
Nun, als Inhaberin immer für die Insel da zu sein, stört Schwarzmann nicht. Nur die Wohnsituation auf Helgoland muss noch geklärt werden. „Wir sind zu fünft, der Wohnraum dort ist kleiner. Den Raum über der Apotheke übernehmen wir auch mit, haben aber auch vom Herrn Pollmann eine tolle Ausweichwohnung bekommen.“ Somit wird künftig voraussichtlich der für zwei bis drei Personen ausgelegte Platz über der Apotheke genutzt, ebenso wie eine vom Bürgermeister zur Verfügung gestellte Wohnung. Von dort aus – in kurzer Distanz zur Apotheke – will sie auch den Notdienst übernehmen, sofern die Genehmigung erteilt wird.
„Die Kinder freuen sich größtenteils auf den Umzug und darauf, auf einer Insel zu wohnen. Wichtig ist, dass die Katzen mitkommen“, lacht Schwarzmann. Nur für ihre Leidenschaft, ihr „Lebenswerk“ – eine große Sammlung an Möbelstücken – wird sie eine Lösung finden müssen, da nicht alles ins neue Heim passen wird. Eine Lösung braucht es nun auch noch in finanzieller Hinsicht, damit die Tinte unter dem Kaufvertrag trocknen kann. „Die Finanzierung klappt auf jeden Fall. Da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen“, sagt sie. Bei der Entscheidung für einen Kredit hapert es gerade nur an der Zeit, neben der Familie und der Arbeit.
Im Süden arbeitet Schwarzmann jetzt noch bis Ende Januar, Mitte Februar steht der Umzug in den Norden an. Danach folgen Einarbeitung und schließlich die geplante Übergabe im April. Ihr Mann kümmert sich um die Kinder und könnte dann sogar einen Botendienst auf der Insel anbieten.
Neben dem Ehepaar Hase kommt auch eine PTA auf geringer Stundenbasis aus der Elternzeit zurück, die Schwarzmann gerne übernehmen möchte. Zudem könnte auch eine weitere PTA mit ihr zum 1. April starten: Die Helgoländerin will zurück auf die Insel, und Schwarzmann möchte sie gerne dabei unterstützen. „Ich mach das nicht fürs Geld. Es wird auch immer was zu tun geben. Bei 1400 Einwohnern und einem Rettungsdienst – das kann man auch zu zweit und zu dritt.“ Hinzu kommen etwa 300.000 Tourist:innen jährlich, die vor allem in den wärmeren Monaten ebenfalls auf der autofreien, 1,2 Quadratkilometer kleinen Insel versorgt werden müssen.