Und nach der Arbeit in der Offizin? Da krempeln viele Apotheker die Ärmel hoch und engagieren sich ehrenamtlich oder entwickeln neue Ideen, die die Branche optimieren. Michaela Röckelein hat das Projekt „Vergiftung im Kindesalter" entwickelt – sie hält Vorträge in Kindergärten, die Eltern über die Gefahren informiert, die in bunten Flaschen und vermeintlichen Bonbons lauern.
Röckelein ist Apothekerin und arbeitet in der Toxikologie im Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck und hat zwei kleine Kinder. Ihr Bruder Florian ist ebenfalls zweifacher Vater und Apotheker – er betreibt im bayerischen Kolbermoor die Mangfall-Apotheke. Sie ist die Drehschreibe für das Projekt „Vergiftung im Kindesalter“. Die Apothekerin hatte die Idee, in Kindergärten Vorträge zum Thema Vergiftung zu halten, nachdem ein Kind im Bekanntenkreis irrtümlich Reinigungsmittel geschluckt hatte und das Umfeld weitgehend hilflos reagierte.
„Ich habe Eltern angesprochen und gemerkt, dass viele die Gift-Informationszentren nicht kennen und ihnen die Risiken, die für ihre Kinder von chemischen Mitteln ausgehen, nicht bewusst sind. Ich habe mir gedacht, dass ich hier einen primär-präventiven Beitrag leisten kann. Apotheke ohne Prävention und Gesundheitsförderung ist für mich undenkbar.“
Sie setzte sich also an den Schreibtisch und arbeitete einen Elternvortrag aus, sprach Kinderbetreuungseinrichtungen an und wurde mit offenen Armen empfangen. Zwölf Mal hat sie den Vortrag bisher gehalten: „Wer Interesse hat, kann mich gern kontaktieren.“ Röckelein wurde für ihre Idee mit dem Deutschen Apotheken-Award in der Kategorie „Gesunde Lebensführung“ ausgezeichnet.
Ihre Idee ist effizient, denn besonders häufig sind in Deutschland Vergiftungen bei Kindern im Alter von ein bis vier Jahren. Aus dieser Altersgruppe werden statistisch betrachtet genauso viele Fälle gemeldet wie bei Erwachsenen über 20 Jahren. Die größte Vergiftungsgefahr geht in Deutschland von Arzneimitteln aus, knapp drei Viertel aller schweren Vergiftungsfälle sind auf Arzneimittel zurückzuführen. Bei jedem vierten Vergiftungs-Notfall hat ein Kind versehentlich ein Arzneimittel geschluckt. In Deutschland gibt es acht Giftinformationszentren: Berlin, Bonn, Erfurt, Freiburg, Göttingen, Hamburg, Mainz und München. Der Europäische Notruf lautet 112.
Bei Vergiftungen mit Chemikalien gilt grundsätzlich: kein Erbrechen hervorrufen. Toxikologen warnen eindringlich vor dieser früher empfohlenen Maßnahme, da ein erneutes Passieren durch Speiseröhre und Magen zu weiteren Schädigungen führen könnte. Außerdem hilft es, wenn die Betroffenen Wasser oder Tee in kleinen Schlucken und Mengen verabreicht bekommen.
Bei Säuren- oder Laugenvergiftungen sollten die ätzenden Substanzen auf diese Weise schnellstmöglich verdünnt und nach und nach ausgespült werden. Milch ist nicht geeignet, da sie die Resorptionseigenschaften einiger Substanzen verändern kann und sich dadurch die Vergiftungserscheinungen verschlimmern könnten.
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