Kilian Gehr ist ein typisches Apothekerkind. Im väterlichen Betrieb ist er groß geworden, manche im Team kennen den 31-Jährigen schon seit er ein Baby ist. Dass er die St. Georgs-Apotheke in Obertraubling bei Regensburg einmal übernehmen würde, stand eigentlich fest. Die Verantwortung scheut er nicht – im Gegenteil.
Marius Gehr gründete die Apotheke 1978 als erste in dem Ort. Sein Motto dabei: „Die Kund:innen werden ehrlich beraten“, sagt sein Sohn. Dieses Gebot will der neue Inhaber nach der Betriebübergabe weiterführen. „Bei uns wird keinem etwas aufgedrängt. Es geht darum, den Patienten gesund zu bekommen und ihn angepasst an seine finanzielle Lage zu beraten.“ Natürlich müsse die Apotheke auch wirtschaftlich laufen, doch mit diesem Motto funktioniere beides.
Noch arbeiten Vater und Sohn gemeinsam in der Apotheke. In die Quere kommen sich die beiden dabei nicht. „Bei der Kundenberatung bin ich gleichstark, vielleicht sogar stärker“, sagt Gehr, der sein Praktisches Jahr im väterlichen Betrieb absolvierte und als junger Approbierter 2017 direkt eingestiegen ist. „Mein Vater war ein super Chef.“ Er sei sehr froh, dass ihn sein Vater in kaufmännischen Angelegenheiten unterstütze. „Es ist super, dass ich ihn habe. Einen besseren Berater gibt es nicht.“ Auch das komplette Team arbeite Hand in Hand und sei „perfekt“ vom Vater zusammengestellt worden. Die Beziehung zu den Angestellten habe sich mit der Übernahme nicht geändert. „Wir achten auf einen höflichen und korrekten Tonfall.“ Natürlich komme Humor nicht zu kurz.
Die Kommunikation mit den Patienten und die Hilfe bei pharmazeutischen und medizinischen Problemen seien ein großer Reiz des Berufs, sagt Gehr. „Eine Apotheke ist viel Verantwortung. Der fühle ich mich aber gewachsen.“ Auch Chemie und die Laborarbeit bereiteten ihm große Freude. Eine Karriere in der Industrie sei jedoch nie in Frage gekommen. „Dafür bin ich ein zu offener Mensch, als dass ich den ganzen Tag im Labor stehen kann. Hätte ich die Apotheke nicht übernehmen können, hätte ich selbst eine gegründet.“
Gehr sieht sich als Bindeglied zwischen Patient und Pharmaindustrie. Aus seiner Sicht wird die Vor-Ort-Apotheke genau deshalb überleben, wenn die Beratung qualitativ hervorsteche. Allerdings blickt er realistisch in die Zukunft. Die Zuwächse, die die Versandapotheken in der Coronazeit erwirtschafteten, seien erschreckend. „Und gleichzeitig haben die Vor-Ort-Apotheken so viel geleistet, was Online-Apotheken gar nicht gekonnt hätten.“ Wichtig sei, dass man die digitale Entwicklung mitmache. Gehr ist zuversichtlich, dass er auf dem richtigen Weg ist. Die Zukunft für stationäre Apotheken werde schwieriger, sei jedoch nicht düster.
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