Obwohl Sarah Sonntag bekanntermaßen mit Traditionen und Festlichkeiten wenig am Hut hat, ist sie dem Karneval sehr zugewandt. Dennoch muss die Apothekerin heute den Notdienst übernehmen und die Stellung halten: Es gilt nicht nur den eigenen Kater zu überwinden, sondern auch den verkaterten Kunden Hilfestellung zu geben.
Der Kopf brummt, der Magen fährt Achterbahn und der Kreislauf ist auch nicht auf der Höhe. Sarah Sonntag hat in den vergangenen Tagen kräftig gefeiert. Der Karneval ist in ihrer Region ein großes Thema und auch sie war in diesem Jahr mit von der Partie. „Ich werde wohl zu alt für sowas“, meint Sarah zu Max, welcher verschlafen in der Ecke des Schreibtischs hängt – auch ihn haben die Tag sichtbar gezeichnet.
Während Sarah versucht ihren Kreislauf in Schwung zu bringen und die Kassen startet, stehen bereits die ersten Kunden vor der Tür. Die Apothekerin nimmt noch einen großen Schluck aus ihrer Wasserflasche und öffnet die Klappe. „Guten Morgen, ich brauche unbedingt was gegen Kopfschmerzen“, meint ein junger Mann im Tigerkostüm zu ihr. „Ein Leidensgenosse“, denkt Sarah im Stillen und muss grinsen. Nach kurzer Beratung will sie die entsprechenden Tabletten aus der Auslage des Automaten holen – doch es kommt nichts.
Sarah muss also in den Keller, um Nachschub für den Automaten zu holen. „Ich nehme gleich etwas mehr mit hoch“, brummt sie und stiefelt die Treppe Stufe für Stufe wieder hinauf. Oben angekommen muss sie kurz verschnaufen, bis sich der Schwindel wieder gelegt hat. Die Bündelpackung nimmt sie gleich mit nach vorne – Kopfschmerztabletten werden heute wahrscheinlich der Renner sein. Umso ärgerlicher, dass der Automat nicht entsprechend aufgefüllt und vorbereitet wurde.
Als Sarah zurück zur Klappe kommt, hat der junge Tiger sich bereits an die Hauswand gelehnt. Sarah bietet ihm ein Glas Wasser an, welches er dankend annimmt. „Sie müssen heute viel trinken“, erklärt die Apothekerin. Der junge Mann grinst: „Oh ja das mache ich, das Fass steht schon bereit“, meint er. Sarah erklärt ihm, dass es besser sei heute auf den Alkohol zu verzichten, doch die guten Ratschläge kommen nicht an. „Ach, Karneval ist nur einmal im Jahr, da gehört das dazu“, erklärt der Kostümierte und zieht von dannen. Sarah seufzt nur, schließlich war sie auch mal jung.
Der Notdienst ist geprägt von brummenden Schädeln, Kreislaufproblemen und verstimmten Mägen. Zwischendurch mogeln sich auch einige Erkältungs-Opfer zwischen die Jecken. Insgesamt verläuft der Tag jedoch ohne große Zwischenfälle. Das kennt Sarah leider anders: Vor einigen Jahren musste sie sogar den Krankenwagen rufen, weil zwei junge Mädchen sich vor der Tür kaum auf den Beinen halten konnten – das Ergebnis: Alkoholvergiftung. Viele unterschätzen den Alkohol, andere trinken mit, um dazu zu gehören.
Sarah ist froh, dass sie dennoch einigen Feiernden helfen und gute Tipps mit auf den Weg geben konnte. Schließlich weiß sie nach den vergangenen Tagen selbst am besten, was hilft: Viel Wasser trinken, ein angemessenes Frühstück, ein Spaziergang an der frischen Luft und eine lauwarme Dusche. Durch all die kostümierten Kunden – darunter Indianer, Einhörner, Piraten, Löwen und vieles mehr – wurde sie letztlich auch von ihren eigenen Beschwerden etwas abgelenkt. Zuhause hätte sie sich vermutlich selbst nicht an ihre eigenen Ratschläge gehalten und wäre auf dem Sofa geblieben. Der Notdienst steht ab sofort also auch auf ihrer persönlichen „After-Kater -List“.
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