Die Wachholder-Apotheke in Apensen nahe Hamburg schließt Ende April. Erst vor zwei Jahren hat die Inhaberin Antje Kleitke das Geschäft übernommen. Eine Straßensperrung und die plötzliche Schließung einer großen Arztpraxis hat der Apotheke letztlich das Genick gebrochen.
Apensen ist ein kleiner Ort in Niedersachsen. Fast jede:r kenne jede:n. Es sei alles viel persönlicher als in einer großen Stadt. Die Menschen seien näher beieinander. Antje Kleitke habe sich deshalb damals ganz bewusst nach einer ländlichen Apotheke als Filialbetrieb umgeschaut. Die Haupt-Apotheke befindet sich etwa 20 Autominuten entfernt in Neu Wulmstorf. Diese führt die 42-jährige Apothekerin und Mutter von drei kleinen Kindern bereits seit zehn Jahren.
Eine nahegelegene große Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärzten und zwei weiteren Ärzten in Fachausbildung hat im Dezember urplötzlich und ohne Angabe von Gründen verkündet, Ende Januar zu schließen. Da der Dezember für die meisten Praxen ohnehin nur drei Wochen hat und diese in den letzten beiden Januarwochen aufgrund von Urlaub zusätzlich keine Sprechstunde mehr angeboten hat, fielen von jetzt auf gleich die Rezepte von circa 4000 Patient:innen weg.
Für die Apotheke hieß das einen spontanen Umsatzrückgang von etwa 30 Prozent. „Das war nicht vorhersehbar. Auf dem Dorf leben wir einfach von den Rezepten“, so die Inhaberin. „Ohne Rezepte ist die Apotheke nicht mehr wirtschaftlich.“
Schon im gesamten letzten Jahr sei es zu einem Rückgang der Kundschaft gekommen. Der Grund hierfür bestehe in einer großen Baustelle, die direkt vor der Tür liegt. „Seit September 2021 ist die Straße komplett gesperrt. Eigentlich war das nur für ein Jahr geplant, aber leider ist sie noch immer nicht fertig.
Die Laufkund:innen finden den Weg zur Wacholder-Apotheke überhaupt nicht mehr, weil sie vorher umgeleitet werden.“ Kleitke habe nicht vermutet, dass die Baustelle so ein Ausmaß annimmt, der folglich diesen großen Beitrag zum Umsatzrückgang leistet.
Mit ihren Mitarbeiter:innen hat Kleitke bereits im Dezember, kurz nach der Bekanntgabe der Praxisschließung, gesprochen und stets mit offenen Karten gespielt. „Sie sollten die Möglichkeit bekommen, sich mit dem eventuell bevorstehenden Aus der Apotheke auseinanderzusetzen und zu entscheiden, ob sie lieber gehen möchten. Alle sind geblieben – bis zum Schluss.“
Die Inhaberin kann ihre „Mannschaft“ leider nicht mit in die Haupt-Apotheke nehmen. Aber alle kommen glücklicherweise woanders unter. „Die brauchen nicht mal selbst den Hörer in die Hand nehmen.“ Aus einem Zeitungsartikel erfuhren umliegende Apotheken von der Schließung. Gleich drei Inhaber:innen riefen daraufhin an und fragten, ob die PTA noch einen Job sucht.
„Eigentlich will hier keiner weg. Das Team ist so toll. Man macht sich so eine Schließung auch wirklich nicht leicht. Ich hätte das sehr gern verhindert. Es hat auch einen Hauch von Versagen.“ Die Stimmung drückt gewaltig. „Wir haben alle immer mal Tränen in den Augen.“
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