Ebay: Victoza-Bundle als „Anti-Ageing-Produkt“ Katharina Brand, 24.11.2023 11:14 Uhr
Auf Ebay werden nach wie vor verschreibungspflichtige Präparate angeboten. Von A wie Amioxid bis Z wie Zolpidem ist die Auswahl groß – und häufig verfallen. Einige Accounts lassen vermuten, dass es sich um unwissende Privatpersonen handelt, die die Arzneimittel anbieten: Neben den Präparaten sind aussortierte Kleidungsstücke, Zigarren oder Badebomben im Angebot. Ein Verkäufer tanzt mit seinem Victoza-Angebot aber etwas aus der Reihe.
Anders als bei früheren Angeboten scheint es sich bei den aktuellen Fällen um unbedarfte Verkäufer:innen zu handeln. Der User „eintagsfliege13“ bieten zwar eine Packung Enoxaparin an. Hauptsächlich scheint sich der Verkaufende aber auf Edelstein-Ketten festgelegt zu haben. Ähnlich sieht es bei „zoernle“ aus: Der User bietet hauptsächlich Kleidung an. Neben einem Brettspiel „Der Preis ist heiß“, Schneeketten und einem alten Magazinkoffer der Bundeswehr krönen dann aber doch zwei 30er-Fläschchen Sildenafil seine Auswahl. In der Artikelbeschreibung betont der Verkäufer allerdings: „Wird nicht mehr benötigt, deshalb zum Verkaufen.“ Außerdem sei dies ein Privatverkauf, „daher keine Garantie und Rücknahme.“
Die große Sammelauflösung
Der User „wols-rica“ verkauft unter dem Motto „Sammelauflösung“ diverse Antidepressiva. Von A wie Amioxid bis Z wie Zolpidem ist einiges dabei. Alle Präparate sind in den Jahren 2021/2022 abgelaufen. Der eigentliche Clou: Nicht nur die verschreibungspflichtigen Medikamente, die er anbietet, haben bei ihm einen Startpreis von einem Euro. Auch eine Silikon-Backform im Totenkopf-Design, limitiertes Badesalz und eine original signierte Autogrammkarte der Wildecker Herzbuben kann man bei ihm für nur einen Euro erstehen. Für eine Unterhose von Nike will „wols-rica“ allerdings 4,90 Euro sehen.
„Fruchtzwerg804“ hat reichlich Victoza an Lager
Das Anti-Diabetikum Victoza – Wirkstoff Liraglutid – ist durch die weltweit gestiegene Nachfrage in Apotheken vielfach nicht erhältlich. Auf Ebay sieht das etwas anders aus: Passenderweise bietet „troedler65“ den Pen für 600 Euro an, außerdem gibt es ein paar Engelsflügel für 50 Euro. Allerdings ist er bei weitem nicht der einzige – was Victoza angeht.
„Fruchtzwerg804“ hat gleich mehrere Victoza-Bundles im Angebot: Acht oder zwei Pens können im Set erstanden werden. Mit diesem größeren Kontingent eines Präparats tanzt dieser User etwas aus der Reihe. Sein 8er-Bundle kennzeichnet „Fruchtzwerg804“ als „Anti-Ageing-Produkt“. Bei einem Startgebot von 100 Euro geht es los – mit einem Sofort-Kauf für 250 Euro sichert man sich den Bestand direkt. Wem das zu teuer ist: Eine Ratenzahlung über 12 Monate via Klarna ist auch möglich.
Freiheits- oder Geldstrafe
Bei aller Absurdität: 2021 hat die Bundesregierung den Strafparagrafen zu „Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet“ eingeführt. Laut § 127 StGB wird bestraft, wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, „deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern“. Die Strafe kann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe sein. Explizit genannt sind Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz. Die wiederholte Berichterstattung zeigt, dass Händler:innen sich davon wenig beeindruckt zeigen.
Ebay: Verkäufer:innen werden „angemessen sanktioniert“
Dabei informiert Ebay Händler:innen auf einer Service-Seite, dass der Handel von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verboten sei. „Zur Sicherheit unserer Community verlangen wir von Ebay-Nutzern, dass sie bei der Nutzung von eBay diesen Grundsatz sowie alle einschlägigen Gesetze einhalten.“ Das klappt nachweislich nach wie vor nicht.
Auf Nachfrage erklärte Ebay zu den hier genannten Beispielen, dass die Plattform selbst keines der „1,9 Milliarden auf dem Ebay-Marktplatz gelisteten Angebote selber anbiete“ und dass „Verkäufer:innen, die gegen gesetzliche Bestimmungen und/oder die Ebay-Grundsätze verstoßen, zudem über die Bestimmungen aufgeklärt und angemessen sanktioniert werden.“ In welchem Maß dies geschieht, mache Ebay davon abhängig, „ob es sich um private Verkäufer:innen handelt, denen die gesetzlichen Bestimmungen unbekannt gewesen sind. Zudem müssen wir auch berücksichtigen, wie das Verhalten der jeweiligen Verkäufer*innen in der Vergangenheit gewesen ist und, wie sich die Verkäufer*innen zukünftig verhalten werden.“
Maßnahmen gehen weit über das Vorgeschriebene hinaus
Der Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ist auf dem Ebay-Marktplatz global verboten. Ebay setze dieses Verbot durch umfangreiche Kontrollen durch. Außerdem arbeite man eng mit Arzneimittel- und Chemikalienaufsichtsbehörden zusammen. Diese Zusammenarbeit finde sowohl in Deutschland als auch international statt. „Es handelt sich hierbei aufgrund der föderalen Organisationsstruktur Deutschlands um eine Vielzahl von Behörden. International arbeitet Ebay mit der US FDA, der britischen MHRA und der australischen TGA zusammen.“
Die Fälle von illegalem Arzneimittelhandel auf Ebay bleiben dennoch zahlreich. Auf die Frage hin, wie Ebay seine Maßnahme aufgrund der aufgezeigten Fälle zukünftig anpassen möchte, erklärt das Unternehmen, es habe „umfangreiche Maßnahmen getroffen, um Angebote mit unzulässigen Artikeln zu verhindern, sowie Angebote, die von unseren Systemen nicht von Anfang an blockiert worden sind, zeitnah zu identifizieren und zu beenden. Diese Maßnahmen gehen weit über das hinaus, was Betreiber von Online-Marktplätzen gesetzlich zu tun verpflichtet sind.“