Flüchtlingsapotheker will Krankenpfleger werden Maria Hendrischke, 30.01.2016 16:30 Uhr
Der syrische Apotheker Anas Alhamsho ist vor knapp zwei Jahren nach Deutschland geflohen; bekannt wurde er einer breiten Öffentlichkeit, als er nach den Übergriffen am Kölner Hauptbahnhof einen Brief an die Bundeskanzlerin schrieb und die Vorfälle verurteilte. In Syrien hatte Alhamsho eine eigene Apotheke. Doch in seinem Beruf will er nicht mehr arbeiten – der Weg zu einer deutschen Approbation ist ihm zu kompliziert.
Alhamsho hat seit 2000 in einer Apotheke gearbeitet. „Ab 2006 hatte ich eine eigene Apotheke in Damaskus“, sagt er. Im September 2014 floh er vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland. Er kam in Düsseldorf an, wurde nach zwei Wochen aber in die Nähe von München umgesiedelt. Dort wohnte er ein Jahr lang. „Ich fand kein Zimmer. Das ist um München sehr schwierig und teuer“, sagt Alhamsho. Ein Bekannter bot ihm eine kleine Wohnung in Duisburg an. „Vor drei Monaten bin ich umgezogen.“
Der Syrer hat bereits eine Aufenthaltsgenehmigung. Doch in Deutschland will er nicht in einer Apotheke arbeiten. „Ich war 14 Jahre lang Apotheker in Syrien. Hier müsste ich noch einmal ganz von vorne anfangen“, erklärt er seinen Entschluss. Er müsste alles neu lernen; der Weg dahin ist ihm zu lang und zu aufwendig. Stattdessen denkt er darüber nach, eine Ausbildung zum Krankenpfleger zu absolvieren.
Doch zunächst will er die Sprache besser lernen. Sein Integrationskurs beginnt am 1. Februar. Etwas Deutsch spricht er schon; das hat sich der 36-Jährige mithilfe von Youtube-Videos selbst beigebracht. Im Moment sucht er außerdem einen Minijob, mit dem er neben dem Kurs Geld verdienen kann.
Der Großteil von Alhamshos Familie ist in die Türkei geflüchtet. Eine Schwester lebt noch in Syrien, ein Bruder wohnt ebenfalls in Deutschland. Selbst wenn sich die Lage in seiner Heimat beruhigen sollte, will Alhamsho nicht unbedingt zurückkehren. Denn er weiß nicht, was ihn dort erwarten würde: „Ich weiß nicht, was aus meiner Apotheke und meinem Haus geworden ist.“ Außerdem gefällt es ihm in Deutschland. „Ich liebe das System hier. Die Polizei ist freundlich – in Syrien hatte ich Angst.“
Alhamsho war entsetzt, als er von den Vorfällen am Kölner Hauptbahnhof auf Facebook las. Gemeinsam mit drei Freunden wollte er deutlich machen, dass auch Flüchtlinge die Taten schrecklich finden. „Das haben nicht Flüchtlinge oder Männer getan, sondern Kriminelle“, sagt Alhamsho über die Angreifer.
Die vier Flüchtlinge schrieben einen Offenen Brief, den sie zwar an Merkel adressierten, aber an alle Deutschen richten wollten, besonders an die Opfer. Die Männer erklärten darin, dass es für sie völlig klar sei, die Würde von Frauen zu schützen und nicht zu stehlen. Beides verlangten Koran und Bibel. „Auch für uns ist es selbstverständlich, die Gesetze des Aufnahmelandes zu achten“, betonten die Männer und dankten den Deutschen und der Regierung für den Schutz, den sie erhalten.