„Du bist doch so gut, warum willst du in die Apotheke?“ Lilith Teusch, 31.07.2024 12:55 Uhr
Immer weniger Pharmaziestudierende wollen in die öffentliche Apotheke. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung des Pharmazeutisches Instituts der Universität Bonn, die bei der Anhörung zur Apothekenreform vorgestellt wurde. Kein Wunder, findet Erik Bring*. Denn an der Uni werde Stimmung gegen die Apotheken gemacht.
Bring ist Pharmaziestudent und fast fertig. Er bereitet sich auf sein zweites Staatsexamen vor. Er kommt aus einer „klassischen Apothekerfamilie“. Bereits sein Urgroßvater war Apotheker; die heute von seiner Mutter geführte Apotheke kennt er von klein auf. Irgendwann will er den Familienbetrieb selbst übernehmen. Das scheint nicht jeder Professor zu verstehen.
Eigentlich leiste die Universität Bonn gute patienten- und praxisorientierte Arbeit. Einige Hochschullehrer wie Institutschef Professor Dr. Ulrich Jaehde würden sich auch durchaus für die Apotheken aussprechen. Doch leider zeichne sich im Hörsaal oft ein ganz anderes Bild: Von vielen Professoren aus den anderen Fächern bis hin zu den Assistenten kenne er Sprüche wie: „Du bist doch viel zu gut für die Apotheke, mach doch was Vernünftiges!“ So etwas hat er in praktisch jedem Semester gehört.
Wenn Professoren aus ihrer Praxis in der Apotheke erzählen, sei das eigentlich immer negativ besetzt, so Bring. „Einer meiner Professoren hat, wenn er etwas aus der Praxis geschildert hat, hinzugefügt: ‚Als ich in die öffentliche Apotheke musste.‘“ Das Bild, das vermittelt werde, gehe eher in die Richtung, dass die Kunden nerven, dass es anstrengend sei und dass man nicht wirklich etwas machen könne, erklärt er.
Studierende mit guten Noten und Leistungen würden eher zu einer Karriere in der Forschung ermutigt. „Viele Professoren vermitteln, dass nur die Forschung der wahre Beruf sei und dass fähige Studenten in die Forschung gehen sollten.“ Solche Sprüche kennt er auch von Postdocs und Assistenten. „Du bist doch so gut, warum willst du in die Apotheke?“, fragte ihn ein Postdoc im Labor.
„Viele kennen die Apotheke nur aus der Famulatur richtig, im HV sind die wenigsten gewesen und haben dann kaum Erfahrung in der Beratung von Patienten“, sagt der Student. „Es wäre schön, wenn die Professoren das nicht auch noch schlechtreden würden.“ Er wünscht sich, dass auch betont wird, dass man in der Apotheke etwas Gutes tun kann und dass auch dort gute Leute gebraucht werden.
Soziale Komponente wird vergessen
Auch seine Mutter ist frustriert von den Erzählungen ihres Sohnes. „Die Uni Bonn macht eine tolle patientenorientierte Arbeit, aber die Atmosphäre im Hörsaal ist offenbar nicht apothekenfreundlich.“
„Die kleine Schwester von einer meiner Mitarbeiterinnen war auch nicht so sehr für die Apotheke zu begeistern, aber dann ist sie über ihre Schwester zu uns gekommen und ist jetzt begeistert“, erzählt die Apothekerin. Der Apothekerberuf zeichne sich vor allem durch seine soziale Komponente aus und lebe von der intensiven Beratung direkt am Patienten.
Die Patienten suchten jemanden, der sich um sie kümmere. Die Arbeit sei zwar extrem anstrengend, aber auch sehr dankbar. Und das sollte man auch in der Ausbildung zeigen, findet die Apothekerin. „Wir brauchen die Leute schließlich auch.“
*Name von der Redaktion geändert