Malawi: HIV-Test per Luftpost dpa, 08.04.2016 13:49 Uhr
Malawi hat eine der höchsten HIV-Infektionsraten weltweit. Diagnose und Behandlung in dem südafrikanischen Land sind schwierig: Malawi testet nun Drohnen für den Transport von Blutproben – und übernimmt damit eine Pionierrolle.
Die Propeller der kleinen, weißen Drohne surren im Hinterhof einer Klinik in Lilongwe in Malawi. Sie ist bereit zum Start. Gespannt beobachten Dutzende Behördenvertreter das Gerät, dann betätigt Gesundheitsminister Peter Kumpalume eine App auf seinem Smartphone. Die fünf Kilogramm schwere Drohne hebt ab und verschwindet im wolkenlosen Himmel. Die Zuschauer applaudieren.
Dieser hochoffizielle Drohnenstart ist ein Test: Unbemannte Fluggeräte könnten in Zukunft Blutproben für HIV-Tests in ein Labor fliegen. Damit soll die Wartezeit auf Ergebnisse deutlich reduziert werden – denn der Transport über Land ist wegen schlechter Straßen und hoher Benzinkosten im bitterarmen Malawi langsam und mühselig. Es ist eines der ersten Länder, das Drohnen für medizinische Zwecke einsetzen will. Unterstützt wird das Projekt vom UN-Kinderhilfswerk Unicef.
Statt Wochen oder Monate könnte ein Testergebnis nun innerhalb von nur fünf Tagen vorliegen, erklärt Henry Limula vom Labor im Kamuzu-Krankenhaus, wo die Drohne nach nur 20 Minuten Flugzeit sicher gelandet ist. „Das könnte über Leben oder Tod entscheiden“, sagt er. Die Menschen hätten aufgeregt, aber auch ängstlich auf die Drohne reagiert. „Für viele ist so ein flügelloses Flugzeug Hexerei.“
Etwa zehn Prozent der Malawier im Alter zwischen 15 und 49 Jahren sind nach Angaben der UN und der Regierung HIV-positiv. Das sind zwar viel weniger als vor zwanzig Jahren, bedeutet aber immer noch eine der höchsten HIV-Infektionsraten weltweit. Rund eine Million Malawier, darunter 170 000 Kinder, leben mit dem Virus. Fast alle Schwangeren werden getestet. Etwa 70 Prozent jener, bei denen eine HIV-Infektion festgestellt wird, erhalten antiretrovirale Medikamente.
Babys werden ebenfalls getestet, und die Resultate müssen rasch vorliegen, da Neugeborene noch keine eigenen HIV-Antikörper entwickelt haben, wie Limula erklärt. Sie haben im Fall einer infizierten Mutter jedoch Antikörper bekommen, denn diese durchdringen die Plazenta, was die Viren nur in seltenen Fällen tun. Hier sind die Drohnen besonders wichtig, denn bestehende Schnelltests können bei Neugeborenen laut Limula nicht angewendet werden: Da alle Kinder infizierter Mütter HIV-Antikörper haben, kann über diese nicht ermittelt werden, ob sie sich nun infiziert haben oder nicht.
Eine Mutter wartet in einer Klinik in Matapila mit ihrer vier Monate alten Tochter auf einen HIV-Test. In dem kahlen Behandlungsraum piekst ein Arzt die kleine Eda in die Ferse. Das Baby schreit, fünf Tropfen Blut fallen auf eine Karte. „Ich weiß nicht, wann ich das Ergebnis bekomme“, sagt ihre 34 Jahre alte Mutter. Die Bäuerin ist selbst HIV-positiv. Ihren Namen will sie wegen des Stigmas, das dem Virus immer noch anhaftet, nicht gedruckt sehen. „Es wird schwierig werden, jede Woche die 2,5 Stunden zur Klinik zu gehen und nachzufragen, ob es schon da ist.“
Gesundheitsminister Kumpalume meint, die Drohnen könnten ein kosteneffektiver Weg sein, damit Patienten schneller ihre Testergebnisse bekämen. Aber in welchem Umfang der Einsatz der Drohnen in Malawi möglich sei, muss man nach Ansicht von Experten noch sehen.
Mit moderner Flugtechnik allein ist es nicht getan: Es gebe nicht genug Personal, sagt der hochrangige Gesundheitsbeamte Macphail Magwira. Hilfe aus dem Ausland gibt es für Tests und Medikamente, aber nach einem riesigen Korruptionsskandal fließen keine Hilfsgelder mehr direkt an die Regierung. Dadurch fehlt es an Mitteln, um Gehälter zu bezahlen. Laborchef Limula im Kamuzu-Krankenhaus sagt etwa, er brauche acht zusätzliche Mitarbeiter, um die HIV-Tests zügig auszuwerten.
Für Edas Mutter geben die Drohnen trotz aller Fremdartigkeit Hoffnung. Sie fürchte sich etwas, wenn sie eine solche Flugmaschine am Himmel sehe, sagt sie. Aber wenn die Drohne helfe, zu klären, ob ihr Kind gesund oder krank sei, dann „wäre das eine tolle Sache.“