Apotheker als Drogenfahnder Sandra Piontek, 01.10.2022 09:52 Uhr
Rezeptursubstanzen werden in vielen Apotheken fast täglich geprüft. Die Heegbach-Apotheke analysierte kürzlich eine ungewöhnliche Substanz. Die Identitätsprüfung zeigte plötzlich Cocainhydrochlorid an – und versetzte damit das gesamte Team in Aufregung.
Inhaber Nojan Nejatian hat sein Rezepturlabor gut ausgestattet. Mit einem NIR-Gerät lassen sich schnell und sicher die Ausgangsstoffe auf Gehalt und Identität prüfen. Mit Hilfe einer validierten NIR-Referenzdatenbank werden Protokolle zur Dokumentation erstellt. Das klingt nach alltäglicher Routine in der Apotheke. In der vergangenen Woche betrat jedoch eine ältere Dame die Offizin und hatte ein ungewöhnliches Anliegen: Mitgebracht hatte sie eine Tablette, die sie gern analysieren lassen wollte. Sie sei Vermieterin und habe bei einem ihrer Mieter unangenehme Beobachtungen gemacht. Lethargisches Auftreten wechsle sich ab mit einem Maximum an Hyperaktivität.
„Die Dame erzählte mir, sie wäre zudem sauer, weil der Mieter ohne ihr Wissen einfach das Schloss zum Gemeinschaftsraum getauscht hätte. Insgesamt sei ihr das Auftreten des Mieters komisch vorgekommen“, so Nejatian. Als die Vermieterin einen Briefumschlag ohne Adresse fand, legte sie die darin entdeckten Tabletten der Apotheke vor. „Die Dame fragte mich, ob ich die Tablette prüfen könne. Ich wollte ihr gern helfen und ging in das Rezepturlabor.“
In die Studienzeit versetzt
Nejatian fühlte sich zurück versetzt in das 2. Semester: „Ein Professor schilderte uns genau solch eine Situation. Wir sollten uns vorstellen, es käme jemand mit einer unbekannten Substanz in die Apotheke. Wir sollten prüfen um welche es sich handelt. Ich dachte mir damals, dass sei eine unrealistische Situation. Das nach 40 Jahren wirklich ein Kunde mit dieser Bitte kommt, damit habe ich nicht gerechnet.“ Groß war die Überraschung im gesamten Team, als das NIR-Protokoll der Identitätsprüfung die Substanz Cocainhydrochlorid mit 97 Prozent Sicherheit identifizierte.
Nejatian rief umgehend die Polizei und händigte den Beamten das Identitätsprotokoll aus. Derzeit wird gegen den Mieter noch ermittelt. Der Apotheker freut sich, dass er der Kundin schnell helfen konnte: „Kein Preis der Welt kann die Apotheken vor Ort ersetzen. Wir sind für die Kund:innen da, wenn sie Hilfe brauchen. Auch solche ungewöhnlichen Probleme können gelöst werden. Das können die Online-Apotheken doch überhaupt nicht leisten. Sie können die Nähe zu den Patient:innen nicht ersetzen.“
Betäubungsmittel Cocain
Cocainhydrochlorid zählt zu den Betäubungsmitteln. Es hat eine lokalanästhetische und sympathomimetische Wirkung. In Augentropfen angewandt, führt dies zur Pupillenerweiterung. Für die Bestellung und Weiterverarbeitung in der Apotheke müssen folgende Dokumente vorliegen: Erlaubnis/Nummernzuweisung nach § 4 Abs. 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Das Mitführen der Substanz, sowie der Erwerb auf dem Schwarzmarkt sind verboten und mit hohen Strafen belegt.