Dr. Hartmut Derendorf ist tot. Der renommierte Pharmazieprofessor verstarb am Montag überraschend in seiner Wahlheimat Florida. Derendorf lehrte seit Anfang der 80er Jahre in den USA, hielt jedoch stets den Kontakt in die alte Heimat und setzte sich für mehr Patientenorientierung im Pharmaziestudium ein. Dafür wurde er sowohl in den USA als auch in Deutschland mehrfach ausgezeichnet.
Der gebürtige Dortmunder studierte von 1972 bis 1976 Pharmazie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wo er 1979 promoviert wurde. Bis 1980 blieb Derendorf als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Münster und trat ein Fellowship in Florida an, wo er schließlich blieb und bis zuletzt forschte. 1983 wurde er Professor und Chairman des Pharmazeutischen Instituts an der University of Florida in Gainesville, wo er Pharmakokinetik, Pharmakodynamik und Klinische Pharmakokinetik lehrte.
Von 2004 bis 2006 war er außerdem Präsident der International Society of Antiinfective Pharmacology (ISAP) und von 2006 bis 2008 Präsident des American College of Clinical Pharmacology (ACCP). Auch bei der US-Raumfahrtbehörde NASA war er aktiv: Er saß im wissenschaftlichen Beirat des Human Research Program, das die Auswirkungen auf die Gesundheit und möglichen Gegenmaßnahmen untersucht, die Astronauten bei zukünftigen Langzeitmissionen im All ausgesetzt sind. Zahlreiche internationale Preise und weit über 350 wissenschaftliche Veröffentlichungen belegen seine herausragende Karriere.
Derendorf versuchte fortwährend, neue Erkenntnisse und Dienstleistungen aus den USA auch im deutschen Apothekenwesen bekannt zu machen, nicht zuletzt durch Austauschprogramme für Pharmaziestudenten und Pharmazeuten im Praktikum. Schon früh hatte er die Apothekerschaft in Deutschland öffentlich dazu aufgefordert, bereits im Studium die Patienten weiter in den Mittelpunkt zu rücken, regelmäßig war er hierzulande Gast bei Vorträgen und Symposien. 2015 wurde er dafür mit der Verdienstmedaille der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) ausgezeichnet. „In den USA gibt es im Studium einen ausgeprägten klinischen Teil, der mit dem Titel des Doctor of Pharmacy abschließt“, erklärte AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening damals in ihrer Laudatio. „Dieser Titel verdeutlicht auch der Bevölkerung, dass eine verantwortliche Therapiebegleitung am besten durch den Apotheker in Zusammenarbeit mit dem Arzt erfolgt.“ Man habe seine Analysen aufgegriffen und gehandelt, so Overwiening.
Derendorf verstarb unerwartet. Erst vorvergangene Woche wurde eine Studie über die Anwendung eines neuartigen Entzündungshemmers bei Hereditärem Angioödem (HAE) unter seiner Mitwirkung veröffentlicht. Derendorf wurde 67 Jahre alt.
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