Lebensmittel

Dioxin-Skandal weitet sich aus dpa, 03.01.2011 19:20 Uhr

Berlin - 

Bei immer mehr Höfen und Betrieben in Deutschland wird mit Dioxin belastetes Futter gefunden. Auch eine Schweinezucht in Thüringen hat 52 Tonnen mit Dioxin verseuchtes Futter von einem Werk aus Sachsen-Anhalt gekauft. Ob die Lieferung schon verfüttert wurde, stand zunächst nicht fest. Das niedersächsische Agrarministerium rechnet mit weiteren Funden. Der Skandal weitet sich aus - das ganze Ausmaß ist noch nicht abzuschätzen.

In Nordrhein-Westfalen wurden 8000 Legehennen getötet, die mit Dioxin verseuchtes Futter gefressen hatten. Die Tiere einer Hühnerfarm im Kreis Soest sollten nach Auskunft des Kreisveterinärs Wilfried Hopp verbrannt werden. Er rechnet damit, dass etwa 120.000 dioxinbelastete Eier des Betriebes in den Verkauf gelangt sind. „Wir bekommen noch einige Tausend aus dem Handel zurück.“

Die Anlage mit rund 80.000 Legehennen war einen Tag vor Heiligabend gesperrt worden. Bei einem Teil der Eier waren vierfach überhöhte Dioxinwerte gemessen worden. Insgesamt 14 Betriebe in Nordrhein-Westfalen und 20 in Niedersachsen durften weiter weder Eier noch Fleisch ausliefern, weil sie belastetes Futter verwendet haben sollen. Die belasteten Eier müssten unter Umständen in Tierkörper-Verwertungsanlagen beseitigt werden, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, Wilhelm Hoffrogge.

Die Behörden wollten weiter die Vertriebswege analysieren, auf denen mit Dioxin verseuchtes Fett zu Futtermittel-Herstellern und schließlich zu Hühnerfarmen und anderen Betrieben gelangt ist. Dazu gab es auch eine telefonische Absprache der Ministerien betroffener Bundesländer.

Klar ist mittlerweile, dass das Dioxin wohl von einem holländischen Händler kam. Er hatte dem schleswig-holsteinischen Futtermittelhersteller Harles & Jentzsch (H&J) nach dessen Angaben belastete Fettsäure geliefert, die zu Futtermittel verarbeitet wurde. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe nahm Ermittlungen auf. „Wir prüfen, ob eine Straftat vorliegt“, sagte Oberstaatsanwalt Ralph Döpper.

Die mit Dioxin verseuchte Fettsäure stammte von einer Biodiesel- Anlage der Firma Petrotec im niedersächsischen Emden, sagte H&J-Geschäftsführer Siegfried Sievert in Uetersen. Bei der Herstellung von Biodiesel aus Palm-, Soja- und Rapsöl entstehe eine pflanzliche Mischfettsäure. Diese habe H&J gelegentlich erworben. Petrotec stellt Biodiesel aus Altspeisefetten her. Das Unternehmen wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben, kündigte aber eine Mitteilung zum Thema an.

Bei H&J waren am Sonntag etwa 100 Proben genommen worden. Die Ergebnisse sollen erst Anfang nächster Woche vorliegen, weil der Nachweis von Dioxin aufwendig ist, hieß es beim Umweltministeriums in Kiel. Neben dieser Firma könnten ersten Erkenntnissen nach Futtermittelhersteller in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg betroffen sein.

Ein Ministeriumssprecher umriss die Schwierigkeit, einen Überblick zu bekommen: Das Uetersener Unternehmen habe die Mischfettsäure direkt zur Weiterverarbeitung an einen Betrieb in Niedersachsen schicken lassen. Dort sei sogenannte Futterfett-Rohware hergestellt worden. Diese wiederum sei Futtermittelherstellern geschickt worden, die daraus Tier-Mischfutter als Endprodukt hergestellt hätten. Es sei deshalb noch unklar, ob und in welchen Konzentrationen verschiedene Futtermittel mit Dioxin belastet seien.