Weinprobe im Apotheken-Ambiente Maria Hendrischke, 22.08.2015 17:06 Uhr
Eine „richtige“ Apotheke ist es nicht mehr. Aber Kunden werden trotzdem noch versorgt: Denn in der ehemaligen Adler-Apotheke im nordrhein-westfälischen Dinslaken befindet sich nun ein Weinlokal – genannt „Zur Alten Apotheke“. Das Restaurant besteht erst knapp 13 Jahre, die Apotheke kann auf eine 350-jährige Geschichte zurückblicken. Das wird gefeiert.
Der Inhaber des Lokals, Rupert Sierp, hatte ein Pharmaziestudium begonnen – denn eigentlich sollte er die Adler-Apotheke weiterführen, die seinem Vater gehörte. „Doch das wäre sehr schwierig geworden. Vor dem Haus gibt es keine Parkplätze. Außerdem sind keine Ärzte in der Umgebung“, erklärt er. Auch die Offizin sei nur ein recht kleiner Raum. „Damit blieb wenig Platz für die Warenpräsentation“, sagt Sierp.
Als sein Vater, Elmar Sierp, 1997 in den Ruhestand ging, wurde die 1665 gegründete Adler-Apotheke daher geschlossen. Vier Jahre lang blieben die Apothekenräume nach der Schließung ungenutzt. Im Jahr 2001, nach einem Theaterbesuch, stellten Sierp und seine Frau fest, dass es in Dinslaken wenige Restaurants oder Bars gab, die noch kurz vor Mitternacht geöffnet hatten. So kam ihnen die Idee zum Weinlokal in der leerstehenden Apotheke.
Das Gebäude aus dem Jahr 1899 stehe unter Denkmalschutz; die alte Apothekeneinrichtung sei größtenteils in das Restaurant integriert worden, erzählt Sierp. Einige Teile der historischen Innenausstattung und alte Werbung habe er als Exponate dem Deutschen Apothekenmuseum und dem Apothekenmuseum Leipzig zur Verfügung gestellt.
„Im Herbst 2001 begannen wir mit dem Umbau, vieles davon in Eigenregie“, berichtet Sierp. Auch einen Apothekeneinrichter hätten sie hinzugezogen: „Wir haben die neuen Einbauten der alten Einrichtung angepasst“, erklärt er. Im Juni 2002 eröffnete das Lokal in dem historischen Gebäude.
„In der ehemaligen Offizin ist die Theke untergebracht, außerdem gibt es dort Stehtische“, beschreibt Sierp. Im ehemaligen Labor der Apotheke befinde sich nun die Küche; das Kontor und die Spezialitätenräume seien zu Gesellschaftszimmern geworden.
„Wir haben zudem einen wunderschönen, verwunschenen Garten“, fügt Sierp hinzu. Tatsächlich sei der große Garten der ausschlaggebende Grund für seinen aus Bochum stammenden Großvater gewesen, die Adler-Apotheke 1918 zu kaufen. „Vielleicht wollte er dort Heilkräuter anpflanzen“, sagt Sierp.
Nach der Lokaleröffnung konzentrierten sich Sierp und seine Frau zunächst auf Weine und Winzerplatten, also kleinere, kalte Mahlzeiten. Nach und nach kam warmes Essen hinzu. „Heute bereiten wir pro Tag etwa 100 Gerichte zu; damit sind wir täglich nahezu ausverkauft“, berichtet Sierp. Seit 2009 noch ein Gartensaal im Stile des alten Gebäudes angebaut wurde, verfügt das Weinrestaurant insgesamt über 130 Sitzplätze.
Im Gartensaal werde auch der 350. Geburtstag der ehemaligen Adler-Apotheke gefeiert. „Wir haben den Anlass mit einer kleinen Spendenaktion verknüpft“, berichtet er. Zehn Euro Eintritt koste die Jubiläumsveranstaltung; die Hälfte dieses Betrags werde an die Organisation Kinder im Mittelpunkt (KIM) eines Krankenhauses gespendet. Mehr als 100 Karten sind laut Sierp bereits verkauft worden. Um 18 Uhr beginnt die Feier. Zwei Musiker werden auftreten: Samirah Al-Amrie mit einer Handpan und der Jazzpianist Paul Millns. Auch eine Tombola wird es geben.
So wie der Apothekerberuf in Sierps Familie weitergegeben wurde – zwei seiner vier Geschwister sind Pharmazeuten – scheint sich nun eine Ader für die Gastronomie in der Familie zu entwickeln. Sierps Tochter ist Restaurantfachfrau und probiert sich derzeit mit einer eigenen Weinbar aus. „Wir hoffen, dass sie in zwei, drei Jahren zu uns wechselt“, sagt Sierp.