Professor Dr. Gerd Glaeske: Gesundheitsökonom und Apotheker. Mitherausgeber des Barmer-Arzneimittelreports. Ex-Sachverständiger der Bundesregierung und Zuzahlungsforscher für die Versandapotheke Sanicare. Mit seinem Auftritt in der Sat1-Sendung „Akte“ hat er in der Branche wieder für Krawall gesorgt. Jetzt gibt es pharmazeutischen Gegenwind.
In den „Akte-TopTipps“ hatte Glaeske Verbrauchern empfohlen, Arzneimittel nach Überschreiten des Verfallsdatums nicht zwingend zu entsorgen. Das Verfallsdatum sei lediglich als „Empfehlung“ zu verstehen, so Glaeske. „Das heißt nicht, dass einen Tag nach Verfallsdatum das Mittel nicht mehr wirkt.“ Nur bei äußerlich erkennbaren Qualitätsmängeln solle man „vielleicht zurückhaltend“ sein.
Professor Dr. Theo Dingermann von der Universität Frankfurt stellte sich gegen diese Behauptung: „Eine Haltbarkeitsangabe zu einem Arzneimittel ist keineswegs eine Kennzeichnung, die auf eine Verpackung aufgedruckt wurde, weil dort noch Platz war. Im Gegenteil: Diese Angabe ist Teil der Zulassung des Arzneimittels, und sie basiert auf umfangreichen experimentellen Daten.“ Die Relevanz und Verbindlichkeit dieser Angabe sei schon daran erkennbar, dass nach dem Arzneimittelgesetz ein Arzneimittel die Verkehrsfähigkeit unter anderem dann verliert, wenn das Verfallsdatum überschritten sei, so Dingermann, der auch Mitglied der Chefredaktion der Pharmazeutischen Zeitung ist.
„Zweite Wahl-Arzneimittel gibt es nicht und darf es auch nicht geben“, so Dingermann weiter. „Wenn ein von den Medien stark nachgefragter Arzneimittelexperte die Relevanz des Haltbarkeitsdatums relativiert, wird dies von vielen Menschen so verstanden, dass man diese Angabe tatsächlich auch ignorieren kann. Aus pharmazeutischer Sicht ist dies völlig inakzeptabel und aus rechtlicher Sicht derzeit auch nicht haltbar.“
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