Der Weg zum Urlaubsort kann durch Reiseübelkeit mit Schwindel und Erbrechen erschwert sein. Vor allem Kinder können von Kinetosen betroffen sein. Den Symptomen entgegenwirken sollen Arzneimittel aus der Apotheke sowie Produkte mit Ingwer aus der Drogerie. Doch was hilft wirklich und kann empfohlen werden? Öko-Test hatte im Juni vergangenen Jahres 20 Mittel getestet und das Ergebnis jetzt im „Jahrbuch Kleinkinder 2019“ veröffentlicht. Vor allem die chemischen Mittel fallen durch, nach der Risikobewertung von Dimenhydrinat und Diphenhydramin stand die Bewertung der Tester unter keinem guten Stern.
Im August 2017 startete das Risikobewertungsverfahren zu Dimenhydrinat und Diphenhydramin als orale und rektale Darreichungsform zur Anwendung bei Kindern jünger als drei Jahre. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) lagen bis zum Beginn 39 Fälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen bei Kleinkindern im Alter von 29 Tagen bis drei Jahren unter der Therapie mit den Antiemetika vor, fünf davon mit tödlichem Ausgang. Daher sollten Maßnahmen zur Risikominimierung und Vermeidung von Überdosierungen sowie zur Präzisierung der Indikation vorgenommen werden. Es folgte eine Obergrenze für Dimenhydrinat von 5 mg/kg KG innerhalb von 24 Stunden. Außerdem soll ein Warnhinweis hinzugefügt werden.
Unter diesem Vorzeichen hat Öko-Test die 20 Mittel bewertet. Aufgrund der Entscheidung des BfArM können die Tester „kein Medikament mit Diphenhydramin oder Dimenhydrinat empfehlen“. Am Ende bleibt nur ein Präparat übrig, das mit „gut“ bewertet wurde, zwei kommen auf das Gesamtergebnis „befriedigend“, vier werden nur mit „mangelhaft“ bewertet.
„Besonders sauer“ stößt den Testern auf, dass noch immer zwei Arzneimittel für Kleinkinder vertrieben werden – auch wenn diese mit den nötigen und vorgeschriebenen Warnhinweisen versehen sind. „Trotzdem gehören sie unserer Ansicht nach vom Markt genommen“, schreibt Öko-Test. Gemeint sind die Dimenhydrinat-haltigen Zäpfchen Vomacur 40 mg (Hexal) und Vomex A 40 mg (Klinge). In der Packungsbeilage ist zu lesen: „Überdosierung mit Dimenhydrinat, dem Wirkstoff in Vomex A, können insbesondere bei Kindern unter drei Jahren lebensbedrohlich sein und müssen deshalb in dieser Altersgruppe unter allen Umständen vermieden werden. Geben Sie Ihrem Kleinkind daher nie mehr als 5 mg/kg KG in 24 Stunden.“ Kleinkinder mit einem Gewicht von 8 bis 16 kg können täglich mit einem Zäpfchen zu 40 mg behandelt werden. Bei einem Körpergewicht zwischen 16 und 24 Kilogramm ist die Gabe von zwei Zäpfchen zu je 40 mg pro Tag nicht zu überschreiten. Ungeachtet dessen lautet das Urteil für die Suppositorien von Hexal und Klinge „mangelhaft“.
Auf dem Prüfstand der Öko-Tester waren auch oral anzuwendende Präparate für Kinder und Erwachsene. Die Beipackzettel enthalten laut Tester keinen Hinweis auf die von den Arzneimitteln ausgehenden Gefahren. „Etwas mehr Nachdruck als sinngemäß ‚nicht für Kinder unter sechs Jahren geeignet‘ hätten wir uns schon gewünscht“, schreibt Öko-Test. Einzig Hermes Arzneimittel weist in der Produktinformation der Superpep Reisekaugummis (Dimenhydrinat) – das nicht für Kleinkinder geeignet ist – auf das Risiko für mögliche gefährliche Krampfanfälle hin. Öko-Test lobt den Hinweis und bewertet das Arzneimittel mit der Gesamtnote „befriedigend“. Gleiches Urteil erhält Emesan 50 mg Tabletten (Diphenhydramin, Aristo).
Das einzige empfehlenswerte und „gut“ bewertete Produkt im Test ist Zintona (Ingwerwurzelstockpulver 250 mg, Herbalist & Doc). Zwar herrsche bei der Studienlage keine Einigkeit. Während einige klinische Studien die Wirksamkeit anzweifelten, belegten andere diese. Dennoch: Öko-Test empfiehlt die Ingwerkapseln aus der Apotheke bei leichten Formen der Reiseübelkeit. Um eine Note Abzug kommen die Tester dennoch nicht herum, denn die Wirksamkeit sei nicht zweifelsfrei belegt.
Die Ingwerpräparte aus der Drogerie – Greendoc und SOS gegen Übelkeit als Lutschtabletten (Districon) – schneiden nur mit „mangelhaft“ ab. Wegen fehlender klinischer Daten seien die Produkte grundsätzlich nicht zu empfehlen. Außerdem sei unklar, woher der Ingwer stamme, und die Präparate seien geringer dosiert als das klinisch geprüfte Arzneimittel.
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