Die Initiative „Was hab' ich?“ erklärt Patienten kostenlos ihre ärztlichen Befunde. Dazu können Scans der anonymisierten Dokumente in einem Portal hochgeladen werden; die „Übersetzung“ übernehmen Medizinstudenten und Ärzte. Das digitale Projekt gewann eine Google-Ausschreibung – und damit ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Bei der Digitalkonferenz VISION.A erklären die Initiatoren die Idee.
Den Preis erhielt das Portal im Rahmen der Google Impact Challenge. Bei der Ausschreibung konnten sich Vereine bis Mitte Oktober 2015 mit einem digitalen Projekt bewerben. Das Projekt musste mehrere Kriterien erfüllen: Zum einen sollte es sich positiv auf die Lebenssituation einer Gemeinschaft auswirken und digitale Hilfsmittel nutzen, um ungelöste Probleme zu bearbeiten. Zudem musste die Idee umsetzbar sein und Vorbildfunktion haben.
Die Mediziner-Initiative bewarb sich mit seinem E-Learning-Wahlfach. In dem Seminar lernen Medizinstudenten, wie sie Befunde in leicht verständlicher Sprache erläutern können. Die Studenten können so ihre Kommunikationskompetenz verbessern und zugleich Patienten Ängste nehmen. Die Organisation hat bereits Kurse an den Universitäten Hamburg, Heidelberg, Marburg und Dresden durchgeführt. Für das kommende Sommersemester werde das dritte Seminar an der Technischen Universität Dresden geplant, berichtet der Sprecher der Initiative, Ansgar Jonietz.
Aus allen eingereichten Projekten wurden 210 Finalisten gemeinsam von Google und einer Jury ermittelt. Zehn Ideen traten in der Kategorie „Leuchtturm-Projekte“ an, 200 in der Kategorie „Lokale Projekte“ – darunter auch „Was hab' ich?“. Damit habe die Initiative nicht gerechnet, gibt Jonietz zu: „Es gab viele gute Bewerber.“ Die Öffentlichkeit konnte dann zwischen dem 8. und 24. Februar für ihre Favoriten abgestimmen. So wurden unter den Lokal-Projekten 100 Gewinner ermittelt, die von Google je 10.000 Euro erhielten. Da inzwischen zahlreiche Patienten „Was hab' ich?“ kannten, stimmten viele für die Initiative, so Jonietz. Das sicherte den Gewinn.
Das Preisgeld ist nicht zweckgebunden. „Was hab' ich?“ will mit den 10.000 Euro ihre sogenannten Supervisoren bezahlen. Supervisoren sind Mediziner, die schon seit längerem Befunde in verständliche Sprache übersetzen, Medizinstudenten Kurse dazu geben und ihnen bei den ersten Übersetzungen helfen.
2011 gründeten die damaligen Studenten Anja Kersten, Johannes Bittner und Ansgar Jonietz die Plattform. Seitdem konnten knapp 27.000 ärztliche Befunde übersetzt werden. Derzeit sind etwa 200 Übersetzer aktiv, wobei bereits 1300 Mediziner ausgebildet wurden. Die Fluktuation sei jedoch unter den Medizinstudenten hoch, sagt Jonietz. Denn nicht jeder schaffe es, sich über den Kommunikationskurs hinaus ehrenamtlich zu engagieren.
Insgesamt spendete Google mit der Impact Challenge 3,85 Millionen Euro an soziale Initiativen. 500.000 Euro gingen an den Gewinner der Leuchtturm-Kategorie, ebenfalls eine Idee aus dem Gesundheitsbereich: Mobile Retter, ein smartphonebasiertes Ersthelfersystem. Nicht nur die Gewinner, sondern alle Finalisten erhielten Preisgelder: Die verbleibenden neun deutschlandweiten Projekte wurden mit jeweils 250.000 Euro unterstützt, die übrigen 100 Projekte im Lokalbereich erhielten je 1000 Euro.
Jonietz ist Referent bei der Digitalkonferenz VISION.A von APOTHEKE ADHOC am 16. März in Berlin. Die Veranstaltung widmet sich dem digitalen Wandel in Pharma & Apotheke; rund 250 Gäste werden im Cafe Moskau erwartet. Weitere Informationen und Tickets: http://vision.apotheke-adhoc.de/
APOTHEKE ADHOC Debatte