„Diese Apotheke wurde uns zugeschustert“ Marion Schneider, 30.05.2018 15:07 Uhr
Die Aktivistin Heike Benedetti hat sich wegen des Zyto-Pfusch-Falls in einer Bottroper Apotheke in einem Schreiben an NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) gewandt. Mit seiner Antwort war sie sehr zufrieden.
„Ich kämpfe um Anerkennung dieser perfiden Taten dieses Zytoapothekers, um eine für uns Betroffene gerechte Verurteilung sowie um eine angemessene Opferentschädigung“, schrieb Benedetti an den Minister. Die Behörden haben ihrer Ansicht nach versagt: „Dieser Apotheker ist durch ein lasches System gefallen, sprich nicht ausreichende, umfassende Kontrollen von Zytoapotheken.“
Die Patienten hätten keine Wahl gehabt, von welcher Apotheke sie ihre Medikamente beziehen. „Denn es wird einem von den ansässigen Onkologen diese Apotheke wortwörtlich zugeschustert“, heißt es in Benedettis Brief. S. habe vorsätzlich und aus Geldgier gehandelt, die Opfer litten teilweise bis heute darunter. „Wir müssen mit dem Gedanken leben, womöglich nicht die für uns vorgeschriebene Dosis erhalten zu haben. Die Angst, neu an Krebs zu erkranken lässt mich wie so viele andere Betroffene nicht zur Ruhe kommen.“
Den Wunsch der Opfer nach einem gerechten Urteil findet Biesenbach „mehr als nachvollziehbar“. Auf das strafgerichtliche Verfahren könne er jedoch keinen Einfluss nehmen. Nur mit warmen Worten will er Benedetti aber offenbar auch nicht abspeisen. Er habe ihr Schreiben weitergeleitet an die Präsidentin des Landgerichtes Essen und den Leitenden Oberstaatsanwalt. Dieser solle das Anliegen prüfen und gegebenenfalls Weiteres veranlassen. Konkret sollen bei der stichprobenartigen Medikamentenanalyse Rückläufer berücksichtigt werden. Die in Absprache mit der Arzneimitteluntersuchungsstelle entnommenen Proben sollen zur Analyse an das LZG in Münster übersendet werden.
„Endlich ein Ministerium, das meine Ängste ernst nimmt“, freut sich Benedetti. Sie hat bereits dreimal an die Bundeskanzlerin geschrieben sowie an den Bundespräsidenten und den Ministerpräsidenten. Die Antworten waren immer ähnlich: Benedetti solle sich an die Hotline der Stadt Bottrop wenden. In das laufende Verfahren könne man nicht eingreifen. „Das kann man sich schenken“, ärgert sich die Bottroperin. „Ich gebe aber keine Ruhe“, sagt sie. Wenn eine Antwort sie nicht zufrieden stellt, bohrt sie weiter.
„In den Zytostatika muss drin sein, was auf dem Rezept draufsteht“, so Benedetti weiter. Selbst wenn der Apotheker nur 5 Prozent weniger Wirkstoff verwendet hätte, sei das bereits Körperverletzung. „Das geht uns alle an“, findet sie. Dem Richter sei es aber nicht wichtig, die Verantwortlichen der Stadt – wie den Oberbürgermeister und den Leiter des Gesundheitsamts – vorzuladen. Dass ihr Schreiben dazu beiträgt, dass die Opfer noch vor Gericht gehört werden, glaubt sie nicht.
Der angeklagte Apotheker S. hatte enge Beziehungen zum Oberbürgermeister und anderen mächtigen Personen in Bottrop. Stadt und Gesundheitsamt wird vorgeworfen, nur schleppend und unvollständig über den Skandal aufgeklärt zu haben.