Die Ruhe vor dem Lockdown

Berlin -

Eigentlich war es schon länger spürbar, nun ist er ab morgen da – der zweite Lockdown. Wenn auch mit leicht veränderten Maßnahmen im Vergleich zum Frühjahr. Apothekerin Sarah Sonntag darf am letzten Tag der „Vor-Lockdown-Zeit“ noch einmal Notdienst schieben. Mit Maske und Desinfektionsmittel bewaffnet, macht sie es sich hinter der Klappe bequem.

Es ist ein bisschen wie ein Déjà-vu und trotzdem irgendwie nichts Neues. Als Corona DAS neue Wort wurde, war noch alles neu, alles unsicher und auf merkwürdig-paradoxe Weise spannend. Mittlerweile hat man sich an den Anblick von Masken, Plexiglas und Markierungen gewöhnt. Auch das Abstandhalten ist – zumindest bei den meisten – in Fleisch und Blut übergegangen.

Der zweite Lockdown hat daher in den Köpfen nicht so eingeschlagen wie der erste – obwohl er nicht weniger mahnend sein sollte. Zeitweise konnten sich die Apotheken vor besorgter Kundschaft kaum retten. „Bei einigen hatte ich allerdings auch das Gefühl, die kamen nur um zu plaudern, weil nichts anderes geöffnet war“, meint Sarah grinsend. „Eigentlich kein Wunder, vor allem ältere Leute sind regelrecht vereinsamt während des ersten Lockdowns“, fügt sie nachdenklich hinzu.

Nun, wo die zweite Welle in vollem Gange ist und die Infektionszahlen höhen sind als je zuvor, scheint sie jedoch schon irgendwie dazuzugehören, die Pandemie und all die damit verbundenen Einschränkungen und Neuerungen. Zumindest in Sarahs Apotheke ist derzeit von vermehrter Unsicherheit oder Kundenansturm vor dem Lockdown nichts zu spüren. Die vergangene Woche ist vergleichsweise ziemlich ruhig gewesen.

Ihre Kollegen hatten am Mittwoch noch Bedenken, als die neuen Regelungen bekanntgegeben wurden. „Ob die Leute nun wieder durchdrehen und Hamsterkäufe tätigen?“, hatte eine Kollegin gefragt. Das Team hatte sich bereits auf das Schlimmste eingestellt und das Personal nochmal hochgefahren. Was sich schwierig gestaltete, da nun doch einige Kollegen im Urlaub sind oder sich eine Erkältung eingefangen haben. Allgegenwärtig die Angst vor einer Corona-Infektion im Team.

In diesem Notdienst muss Sarah sich nicht so oft zur Klappe bewegen, denn es ist wie die Woche über schon sehr ruhig. Obwohl auf den Straßen vor der Apotheke nochmal Einiges los ist. „Viele wollen vermutlich den letzten Tag noch auskosten“, vermutet die Apothekerin. Sarah hingegen verbringt ihn in der „Notdienst-Quarantäne“.

Für die Apotheken ändert sich durch den zweiten Lockdown eigentlich nicht viel. „Wir halten wie immer die Stellung“, meint Sarah. Dennoch wird man wieder mehr den Unmut und Frust der Kundschaft zu spüren bekommen, weil Sport, Unterhaltung und vieles weitere erstmal für einige Wochen wegfallen. „Da müssen wir wieder starke Nerven beweisen“, seufzt Sarah und genießt noch die Ruhe vor dem Lockdown.