Fachkräftemangel zum Quadrat

Die Restaurant-Apothekerin von Dipps

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Berlin -

Auf den ersten Blick scheinen die Branchen Apotheke und Gastronomie meilenweit voneinander entfernt. Doch sie eint ein Problem: der Fachkräftemangel. Das erlebt derzeit auch Apothekerin Christiane Schwarz aus Dippoldiswalde. Weil sie mit den Ausgeh-Optionen in ihrer Stadt unzufrieden war, eröffnete sie kurzerhand ein eigenes Restaurant.

Dippoldiswalde ist eine hübsche Stadt in Sachsen, rund 20 Kilometer südlich von Dresden gelegen, mit 14.500 Einwohnern. In diesem Jahr feiert „Dipps“, wie ihre Einwohner sie liebevoll nennen, 800. Geburtstag. Das lockt Touristen an, die sich bestimmt über die „Alte Sattlerei“ freuen werden.

„Dippoldiswalde ist ein kleiner Ort, hier lebt alles von Eigeninitiative“, erzählt Schwarz, die die Dippold-Apotheke betreibt, „im Sommer haben uns die Besucher immer gefragt, wo man hier gut essen gehen kann. Da fiel mir auf, dass es kein einziges richtig gutes Restaurant gab.“ Dipps hat Imbissbuden, Dönerstände, aber nichts, wenn es mal ein bisschen eleganter sein darf.

„Ich habe mir gedacht, dass ein Restaurant die Stadt beleben könnte. Hier herrscht nämlich großes Geschäftesterben, beim Spazierengehen gucken einen nur leere Schaufenster an.“ Die Stadt, so Schwarz, ist seit rund zwei Jahren pleite. Sogar das alljährliche, beliebte Stadtfest musste aus Kostengründen gestrichen werden, denn auch die Unternehmer müssen sparen und haben kein Geld für Amüsements.

Das schöne Haus, in dem sich bis in den 1960er-Jahren eine Sattlerei befand, stand schon seit zwei Jahren leer. Und es gefiel der Pharmazeutin schon lange. „In Dippoldiswalde stehen viele Geschäfte leer. Ich habe die Immobilie der Alten Sattlerei schon fünf bis sechs Jahre im Auge gehabt. Zuletzt war ein Fotogeschäft hier der Mieter. Nachdem es ausgezogen war, stand das Geschäft leer.“

Ohne jegliche Gastronomieerfahrung nahm die Pharmazeutin ihren ganzen Unternehmermut zusammen und eröffnete vor einem Jahr ein Restaurant. Wobei sie ihre Grenzen kennt: „Ich mache hier die Buchhaltung, schaue nach dem Rechten und habe den groben Überblick. Und ich trage das wirtschaftliche Risiko.“ Sie kümmerte sich um die elegante Einrichtung, wählt die Blumen aus und ist die Seele der Alten Sattlerei. Im Tagesgeschäft ist sie nicht involviert, tagsüber steht sie in ihrer Apotheke.

Schnell stellte sie fest: „Personal zu finden, ist ein riesiges Problem. Ich konnte einen Koch gewinnen, der sein gepachtetes Restaurant geschlossen hat, um zu mir zu wechseln.“ Matthias Schindler führt das Regiment in der Küche, die Karte reicht vom mit Käse gefüllten Kartoffelkloß auf Spinat (mittags) bis zur gekochten und gebackenen Rinderzunge auf Spargel und Kartoffeln (Abendkarte).

Derzeit sucht die Apotheken-Wirtin dringend eine gute Servicekraft. Erst verliebte sich der Kellner und zog nach Berlin, dann kam die Nachfolgerin. Sie ist jetzt schwanger. Eigentlich eine gute Nachricht, in diesem Fall aber nicht für den Arbeitgeber. Also geht die Suche von neuem los. Gesucht wird ein Mitarbeiter, der den Service „richtig in die Hand nimmt“. Schwarz sagt: „Wir suchen überall, per Mundpropaganda, wir haben Groß-Lebensmittellieferanten gefragt, haben Anzeigen geschaltet und ein Schild im Fenster.“

Im kommenden Jahr feiert ihre Apotheke 25-jähriges Jubiläum. Geboren und aufgewachsen ist die Apothekerin in Hessen, sie studierte in Berlin Pharmazie. Nach der Wende besuchte sie Dippoldiswalde, den Geburtsort ihrer Mutter. Und weil es nur eine Apotheke im Ort gab, die Menschen nett und Dipps schön war, blieb sie.

„Viele erinnerten sich noch an meinen Großvater, der eine Stuhlbauerei betrieb. Wir waren dereinst eine riesige Familie, mein Ururgroßvater hatte 14 Kinder. Meine Mutter ging in den Westen, als sie 25 Jahre alt war. Ich habe es nie bereut, dass ich hier meine Apotheke eröffnet habe, wir sind hier sehr herzlich aufgenommen worden. Vom ersten Tag an sind viele Kunden gekommen.“

Und so ist es auch geblieben, heute freut sich Schwarz über viele Stammkunden. Eine zweite Apotheke kam für sie nie in Frage. „Ich finde, man kann nur in einer richtig sein und sich um alles kümmern. Ich wollte deshalb keine weitere Apotheke, sondern etwas ganz Neues mit neuen Impulsen.“ Das hat sie nun. Und neben der Freude auch die Erkenntnis: „Das Restaurantgeschäft ist hart.“

Sobald ihr Team im Restaurant komplett ist, geht die Suche in der Apotheke weiter. „Meine Pharmazieingenieure gehen in den kommenden Jahren in Rente. Dann wird es hier sehr eng, weil in der Gegend Fachkräftemangel herrscht.“ Sie sucht deshalb schon jetzt Apotheker.

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