Vollsperrung in Lorsbach

„Die Hälfte meiner Kundschaft ist weg“

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Berlin -

Abdulrahim Hamoud führt seit fast neun Jahren die Lorsbacher Apotheke in Hofheim. Seit Mitte Juli sorgt eine Straßensperrung für massive Umsatzverluste. Der Inhaber musste sich im Zuge dessen bereits von einer Mitarbeiterin trennen. Folglich steht der Familienvater an mindestens sechs Tagen in der Woche von morgens bis abends allein in der Offizin.

„Die Lorsbacher Apotheke ist die einzige Apotheke im Ort. Es ist immer gut gelaufen“, berichtet Hamoud. „Bis zur Vollsperrung der Straße, die nach Hofheim führt.“ Diese sei ursprünglich für ein ganzes Jahr geplant gewesen. Doch dies haben die betroffenen Gewerbetreibenden nicht hinnehmen wollen – sie klagten allesamt und bekamen schließlich recht. Die Vollsperrung sollte daraufhin lediglich vier Monate andauern: von Mitte Juli bis Mitte November. Doch nun wurde eine Verlängerung bis Anfang Februar genehmigt. „Aber ehrlich gesagt glaube ich jetzt schon, dass die Zeit nicht reichen wird“, fürchtet Hamoud. „Für uns Unternehmer hier in der Straße ist das eine absolute Katastrophe.“

Jeden Tag durchströmten eine Menge Berufstätige die Straße, die nach Hofheim führt. Auf dem Weg erledigten sie in den ansässigen Geschäften, wie einem Kiosk, einem Blumenladen, einer Tankstelle oder eben der Apotheke vor Ort, Dinge des täglichen Bedarfs. „Ohne die durchfahrenden Kunden und Kundinnen ist es wirklich hart.“ Morgens haben in seinem Briefkasten immer Rezepte gelegen, berichtet der Inhaber. „Sie wurden auf dem Weg zur Arbeit eingeworfen und am Nachmittag oder Abend konnten die Medikamente abgeholt werden. Das funktioniert jetzt nicht mehr.“

Dadurch habe er sogar so massive Umsatzrückgänge erlitten, dass er eine Mitarbeiterin nicht mehr bezahlen konnte. „Es tut mir unfassbar leid, aber es ging finanziell nicht mehr. Früher kamen um die 120 Kund:innen pro Tag, momentan nur noch 50 oder 60. Wenn es gut läuft, vielleicht 70. Die Hälfte meiner Kundschaft ist weg.“

Hamoud beschäftigt noch drei Mitarbeiter:innen auf Mini-Job-Basis. „Sie unterstützen mich abwechselnd für ein paar Stunden in der Warenwirtschaft, aber als Apotheker bin ich von morgens bis abends allein in der Offizin. Wenn eine Rezeptur anzufertigen ist, mache ich das in der Mittagspause.“ Und das an sechs Tagen in der Woche – wenn kein Notdienst ansteht. „Ich hätte auch gerne mal einen Tag frei“, gesteht er. „Ich habe drei Kinder.“

Wie lange er das noch aushalten kann und will, weiß er nicht. Aber eine Schließung kommt für ihn derzeit nicht in Frage. „Ich hänge an der Apotheke. Wenn ich zumache, hat Lorsbach keine mehr. Die Leute haben mich hier so herzlich aufgenommen. Ich möchte sie nicht im Stich lassen. Ich will durchhalten.“

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