„Die Goldgräberzeiten sind vorbei“ Marion Schneider, 19.06.2018 12:23 Uhr
Dass das Pharmaziestudium Pharmazeuten nur bedingt auf den Arbeitsalltag in der Apotheke vorbereitet, ist kein Geheimnis. Spätestens als Filialleiter oder Inhaber machen sich die mangelnden wirtschaftlichen Kenntnisse bemerkbar. Einige Hochschulen erkennen den Bedarf und bieten entsprechende Fortbildungen an. Dazu gehört auch die Fachhochschule Schmalkalden, an der man sich in zwei Semestern zum Apothekenbetriebswirt ausbilden lassen kann.
„Die Goldgräberzeiten in der Apotheke sind vorbei“, sagt Professor Dr. Hubert Dechant, der im Studiengang BWL unterrichtet. „Entweder man kriegt seinen Laden gemanagt oder der Umsatz wird weniger.“ Im Fernstudium werden die betriebswirtschaftlichen Grundlagen gelegt. Dabei geht es auch um Finanzierung, beispielsweise zum Kauf einer Apotheke. Die Studierenden sollen verstehen, wie die Bank ihre Apotheke sieht, diese interessiere sich hauptsächlich für die Jahresabschlüsse. „Allerdings verstehen die meisten Apotheker im Kurs den Jahresabschluss ihres Steuerberaters nicht“, so Dechant weiter. Darum stehen auch Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht auf dem Stundenplan.
Im Fach Category Management lernen die Pharmazeuten, wie sie die begrenzte Fläche in der Apotheke am besten nutzen. Dafür müsse man die Blickrichtung der Kunden kennen und wissen, wo man Produkte am besten platziert. „Was die Apotheker machen, diktiert der Großhandel“, kritisiert Dechant. Personalführung steht ebenfalls auf dem Programm. „Eigen- und Fremdwahrnehmung klaffen hier besonders weit auseinander“, attestiert der Professor. Die Apotheker lernen darum, wie man verschiedene Personalgespräche führt.
Den Stoff bekommen die Studenten während einer fünftägigen Präsenzphasen an der Fachhochschule vermittelt, dann heißt es Selbststudium. Nach sechs Wochen wird der Stoff in einer Klausur geprüft. So soll es den Studenten ermöglicht werden, sich die Lernzeit selbst einzuteilen. „Tatsächlich bereitet man sich hauptsächlich in der letzten Woche auf die Klausur vor“, sagt Marc Stöcker, der den Studiengang in diesem Jahr belegt. Er ist Inhaber der Anna- und der Herzogen-Apotheke in Düsseldorf, im Juli eröffnet er eine dritte Apotheke.
Die Studierenden sind im Durchschnitt 30 Jahre alt und haben schon drei Jahre ihre Approbation. „Nach dem Pharmaziestudium wollen sie zunächst einmal die pharmazeutischen Sachen ausprobieren und sind dann bereit, sich mit BWL zu beschäftigen“, berichtet Dechant. Die Klasse ist immer bunt gemischt, im aktuellen Jahrgang sind Apotheker aus Großhandel, Vertrieb, Versandhandel und Bundeswehr. „Es bilden sich Netzwerke auch über das Studium hinaus“, sagt Stöcker.
Die Studierendenschaft hat sich laut Dechant in den vergangenen Jahren sehr verändert. Als der Studiengang vor mehr als 10 Jahren ins Leben gerufen wurde, waren unter den Studierenden viele Klischee-Apothekenerben, die sich nichts selbst erarbeiten mussten. Die gebe es heute kaum noch. Die Studierenden seien jetzt sehr modern. „Selbst Erben sind anders drauf und wissen, dass sie ihren Laden managen müssen.“
6600 Euro kostet die Weiterbildung. Stöcker ist überzeugt, dass er diesen Betrag durch sein neu erworbenes Wissen in Zukunft wieder reinholt. „Ich überlege sogar, meiner Filialleiterin diese Fortbildung anzubieten“, erzählt er. Ein ähnliches Programm gibt es von der Wirtschaftsakademie Deutscher Apotheker in Bayreuth. Hier kann man sich in drei Semestern zum Praktischen Betriebswirt für die Pharmazie ausbilden lassen. Der Masterstudiengang PharmaMBA der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg und der ESB Business School in Reutlingen wurde eingestellt.