Halb drei Uhr morgens in Niedersachsen. Die Heide-Apotheke liegt idyllisch in einem Backstein-Haus in Weener. Nachts kamen jetzt die Einbrecher. Sie gingen nahezu elegant vor, richteten keine Verwüstung an und nahmen nur das Wechselgeld mit. Beinahe Gentlemen, die da unterwegs waren.
„Das waren saubere, ordentliche Einbrecher“, sagt Apothekerin Annegret Arnhold, die dabei jedoch weit davon entfernt ist, die Kriminellen loben zu wollen. Sie stahlen weder Betäubungsmittel noch OTC-Produkte, sogar das Schweinchen, in dem die Mitarbeiter ihr Trinkgeld sammeln, haben sie links liegen gelassen. Nur das Bargeld aus den Kassen wechselte den Besitzer. „Das waren insgesamt 400 Euro“, sagt Arnhold. Zu diesem Schaden kommen die Kosten für ein neues Fenster, die Apotheke ist versichert.
Die Einbrecher hebelten ein Fenster auf und brachen in der Nacht in die Offizin ein. „Hier in der Gegend finden gerade Serien-Einbrüche statt“, sagt die Apothekerin. Da sie gleich nebenan im Haus wohnt, hörte ihr Mann zufällig Geräusche und sah die Einbrecher im Dunkeln auf der Flucht. Er rief sofort die Polizei.
Und die möchte die Apothekerin tatsächlich loben. „Sie haben zweieinhalb Stunden lang die Spuren gesichert und toll gearbeitet“, sagt Arnhold. Bisher gibt es keine heiße Spur und vermutlich schlafen die Menschen in Weener derzeit nicht so gut wie sonst. Die Sommer- und Ferienzeit bedeutet Hochsaison für Einbrecher. Sie bauen auf die Tatsache, dass sie ihren kriminellen Geschäften einfacher nachgehen können, denn zum einen sind die Opfer auf Reisen und insgesamt verringert sich dadurch auch die Anzahl der potenziellen Nachbarn, die vielleicht schlecht schlafen und verdächtige Geräusche hören.
Ideal für Einbrecher, weniger ideal für deren Opfer. Auch in der Offizin sollten die Apotheken-Mitarbeiter derzeit aufmerksam sein. Denn auch Diebe wissen, dass jetzt viele Menschen verreist sind und die Ladenlokale deshalb personell nicht überbesetzt sind.
Bundesweit liegt der Schaden, der Geschäften aller Branchen durch Diebstahl durch Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten entsteht, bei rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Obwohl es rund 15.000 Ladendetektive und Sicherheitsleute in den Geschäften gibt, geht der Schaden durch Ladendiebstähle seit Jahren nicht zurück. Experten gehen davon aus, dass nur 2 Prozent der Fälle erkannt und angezeigt werden. Besonders beliebt sind bei Dieben Waren, die klein, teuer und hinterher leicht zu verkaufen sind – also vieles, mit dem Apotheken ihr Geld verdienen.
In Großstädten gibt es oft sogar spezialisierte Banden, die mit großen Einkaufstaschen in Apotheke kommen und in einem unbeobachteten Moment ganze Regalmeter abräumen. Selbst wenn die Angestellten etwas mitbekommen, können sie oft nichts ausrichten: Der Dieb hat zwei bis drei Komplizen vor der Tür, die das Personal einschüchtern und dann gemeinsam schnell verschwinden.
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