Knapp 45 Jahre bestand die Geest Apotheke im schleswig-holsteinischen Schafflund, bis die Gemeinde eine Räumungsklage schickte. Grund war der geplante Neubau für ein Ärztehaus. Für Inhaberin Halina Honke folgten vier Jahre Kampf um ihre Apotheke. „Schlussendlich haben wir uns entschieden, in einen anderen Ort zu ziehen, dort wurden wir mit offenen Armen empfangen“, so die Inhaberin.
Die Geest Apotheke bestand fast ein halbes Jahrhundert: „Mein Vater war lange Zeit Inhaber, bis ich die Leitung dann Anfang September übernahm. Unsere Apotheke versorgte die Menschen in Schafflund knapp 45 Jahre.“ Dass es jetzt zu einem sehr unschönen Vorgehen seitens der Gemeinde kam, stimmt Honke traurig: „Man hat uns rausgeklagt, weil ein neues Gebäude geplant ist. Es gab für uns absolut keinen Weg für ein weiteres Bestehen hier im Ort“, so die Inhaberin.
Sie habe trotz mehrerer Anläufe nur Ablehnung erfahren: „Ich habe viele Vorschläge gemacht, die Zeit bis zum Fertigstellen des Neubaus zu überbrücken, hätte sogar die dafür anfallenden Kosten übernommen. Aber die Gemeinde hat uns sehr deutlich gemacht, dass wir schlichtweg nicht erwünscht sind.“ So habe man ihr beispielsweise Mietverträge für ein Geschäft im Neubau mit völlig unrealistischen Mieten vorgelegt: „Ich hätte eine Großstadtmiete zahlen müssen. Das hätte ich beim besten Willen nicht stemmen können.“
Die Apothekerin findet das Verhalten der Gemeinde absolut unverständlich: „Man weiß doch, dass immer mehr Apotheken schließen und dadurch die wohnortnahe Versorgung mit Medikamenten gefährdet ist. Die Infrastruktur in Schafflund wird zerstört. Deswegen verstehe ich es nicht, dass man zu keiner Lösung bereit war, uns als Apotheke zu halten.“
Noch absurder: „Ich habe den Vorschlag bekommen, meine Apotheke doch für zwei bis drei Jahre zu schließen, bis der Neubau fertiggestellt ist. Dann könne ich mich wieder bewerben, um den Zuschlag für einen Mietvetrag im neuen Gebäude zu erhalten. Das ist sowas von realitätsfern“, ärgert sich Honke. Zumal es naheliegt, dass bei Fertigstellung des Gebäudes wieder eine Apotheke in die Räume zieht: „Ich habe über Umwege erfahren, dass es wohl Verhandlungen mit einem anderen Apotheker gab. Mir war es dann am Ende zu bunt, wir haben uns entschieden, eine andere Lösung zu finden.“
Die Apothekerin entschied Anfang Oktober, ein neues Domizil in der Ortsmitte des benachbarten Wallsbüll zu ziehen und den alten Standort aufzugeben. „Diese Gemeinde hat uns mit offenen Armen empfangen und war von Anfang an sehr kooperativ. Im Gegensatz zur alten Gemeinde, die uns noch den Nachsatz gegeben hat, dass man froh sei, uns los zu sein.“
Auf Nachfrage wollte sich die Gemeinde Schafflund nicht zu dem Vorfall äußern: „Da gegenwärtig Verhandlungen im Interesse einer gütlichen Einigung zwischen den Parteien laufen, nehme ich derzeit davon Abstand, zu den von Ihnen gestellten Fragen Stellung zu nehmen.“ Honke hatte gegen die Räumung geklagt und ist momentan immer noch in gerichtlichen Verhandlungen.
Die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger der Region könne durch den Umzug in den Nachbarort weiterhin gewährleistet werden: „Wir haben unseren Botendienst deutlich ausgeweitet. Ab sofort fahren wir bis zu dreimal täglich Medikamente aus“, so Honke. Kunden aus den umliegenden Gemeinden und vor allem aus dem Bereich Schafflund könnten so wie gewohnt Medikamente ohne Einschränkungen bestellen.
Auch wenn sich der überwiegende Teil der Kundschaft sich über den Service freut, haben „im Grunde alle verloren“, bedauert Honke. „Älteren Menschen, die vorher zu Fuß in unsere Apotheke kamen, wurde die Möglichkeit genommen, selbstständig Arzneimittel zu besorgen. Viele wollten auch hin und wieder mal einen Schnack halten, das fällt einfach weg.“
Mit dem Umzug hatte Honke auch auf weniger Notdienste durch Wechsel in einen anderen Kreis gehofft: „Zusammen mit meiner Filiale habe ich jährlich 63 Notdienste zu stemmen. Das geht an die Substanz. Leider wird sich daran in Zukunft für uns nichts ändern, da meine neue Apotheke im selben Kreis bleibt.“ Schaue man in andere Notdienstkreise, gehe es dort wesentlich entspannter zu: „Meine Schwester betreibt im Kreis Schleswig-Flensburg ihre Apotheke und muss nur 20 Notdienste im Jahr absolvieren. Eine bessere Verteilung wäre wünschenswert“, so die Inhaberin.
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