Übernahme nach Insolvenz

„Die Bürokratie ist schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe“

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Berlin -

Nachdem die Rats-Apotheke im saarländischen Blieskastel im vergangenen Jahr aus wirtschaftlichen Gründen schließen musste, konnte sie Anfang Januar durch Apotheker Taha Al Ani wieder eröffnet werden. Für den 28-jährige Pharmazeuten, der zuvor ein Corona-Testzentrum führte, ging mit der Übernahme ein Traum in Erfüllung.

Taha Al Ani ist mit 18 Jahren nach Deutschland gekommen. Nachdem er hier sein Abitur gemacht hatte, studierte er in Saarbrücken Pharmazie. Seine Approbation bekam er schließlich im November 2021. Al Ani arbeitete fortan als Vertretungsapotheker – deutschlandweit. „Das hat wirklich großen Spaß gemacht. Es war eine schöne Zeit.“ Er habe viele verschiedene Betriebe und unterschiedliche Abläufe kennengelernt: Von ganz traditionell bis hochmodern sei einfach alles dabei gewesen. „Das würde ich jederzeit wieder machen, aber jetzt ist meine Apotheke im Fokus.“

Vom Testzentrum zur eigenen Apotheke

Während der Corona-Pandemie hat Al Ani ein Testzentrum geführt und sich dabei immer gern mit den Leuten unterhalten. So sei er auch im September mit einer ehemaligen Mitarbeiterin der Rats-Apotheke ins Gespräch gekommen, die ihn letztlich fragte, ob er sich nicht vorstellen könne, die Apotheke wiederzueröffnen.

Daraufhin ist Al Ani mit dem Vorinhaber in Kontakt getreten. Man sei sich direkt sympathisch gewesen. „Die Rats-Apotheke ist eine schöne Apotheke im alten Stil, mitten im Herzen von Blieskastel am Paradeplatz. Das Rathaus ist direkt gegenüber. Es ist herrlich hier.“

„Aller Anfang ist schwer“

Jetzt sei es wichtig, den Betrieb „wieder auf Vordermann zu bringen“, so der Apotheker. „Ich setzte meine ganze Kraft ein, um an den guten Ruf der Apotheke anschließen zu können.“ Der insolvente Betrieb war zum Ende des vergangenen Jahres über drei Monate geschlossen.

Die Kund:innen hatten sich in der Zwischenzeit eine andere Stammapotheke gesucht. Blieskastel verfügt über insgesamt fünf Apotheken. Al Ani ist sich sicher: „Aller Anfang ist schwer, aber es wird besser werden.“

Auch Mitarbeiter:innen sind in andere Apotheken gewechselt. Nur die PKA, die ihn angesprochen hat, ist Al Ani aus dem früheren Stamm erhalten geblieben. Zwar konnte er weitere Angestellte akquirieren, dennoch sei das Team nicht ganz vollständig. Al Ani selbst ist den ganzen Tag vor Ort und leistet allein alle Notdienste, was dazu führt, dass er mitunter bis zu 80 Stunden pro Woche arbeitet.

Al Ani gibt außerdem zu: „Die Bürokratie ist extrem – sogar schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe. Aber ich beiß mich da jetzt durch. Selbstständigkeit ist mein Traum. Ich bin definitiv bereit, diesen Weg zu gehen. Da gebe ich so schnell nicht auf.“

Rabatt für Stammkund:innen

Noch sei der Kundenandrang etwas zurückhaltend, etwas über 100 Patient:innen pro Tag zählt der Inhaber. Er hofft, dass auch die früheren Stammkund:innen wieder zurückfinden. Aktuell arbeitet der Apotheker noch an einem Konzept, welches die Kund:innen nachhaltig binden soll. Er mache sich viele Gedanken, welcher Mehrwert für sie wichtig sein könnte. Aktuell bietet er seinen registrierten Kund:innen einen OTC- und Freiwahlrabatt in Höhe von 3 Prozent an. Desweiteren gibt es jeden Monat einen Angebotsflyer, mit dem der Rats-Apotheke Aufmerksamkeit entgegengebracht werden soll.

Herstellung spezieller Rezeptur

Von einer nahegelegenen Frauenärztin ist der Inhaber bezüglich der Herstellung zu einer speziellen Rezeptur angesprochen worden: Calendula-Ovula mit Vitamin D. Die stelle man heutzutage in fast keiner Apotheke mehr her. „Ich bin überrascht. Das gehört doch zu unserem Beruf. Wir haben doch die Aufgabe, die Menschen zu versorgen. Warum versucht man es nicht wenigstens?“, so Al Ani.

„Ich habe mich hingesetzt und mich mit der Rezeptur auseinandergesetzt. Natürlich hat das Zeit und Geld gekostet, aber manchmal muss man darüber hinwegschauen. Die Patientin, die ein Problem hat, steht in diesem Augenblick im Vordergrund.“ Zudem sei es überhaupt gar nicht schwer gewesen, die Ovula herzustellen. Die Ärztin habe sich gefreut. Die Patientin auch. Der Therapieversuch scheint Erfolg zu haben. Denn inzwischen kommt die Rezeptur sogar zwei- bis dreimal wöchentlich vor.

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