Abnehmpräparate

Diätpillen aus dem Netz: Tödliche Gefahr

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Berlin -

Schnell abnehmen ohne zu schwitzen – das haben sich einige Anwender von Diätpillen aus dem Internet gedacht. Doch der Erwerb der Präparate per Klick endete für zwei Verbraucher fast tödlich: Das Magazin Frontal 21 von ZDF deckt in der Sendung „Billig und tödlich – Diätpillen aus dem Internet“ Hintergründe zum kriminellen Markt mit Abnehmmitteln auf. Damit nicht genug: Im Auftrag des Magazins fand das Zentrallaboratium Deutscher Apotheker (ZL) in der Hälfte der untersuchten Schlankmachern hohe Konzentrationen eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels.

Die Sendung dreht sich um Tanja B. und Marco M.: Beide waren unzufrieden mit ihrem Gewicht, wollten schnell abnehmen und entschieden sich deshalb für Abnehmpillen aus dem Netz. Tanja bestellte sich das Produkt „Lida“, ein als pflanzliches Nahrungsergänzungsmittel deklariertes Abnehmpräparat. „Ich war ganz überrascht, dass das was Pflanzliches sein soll. Deswegen habe ich das auch genommen“, sagt die junge Frau. Über mehrere Wochen lang nahm sie die Diätpillen täglich ein. „Nach zwei Monaten fingen Herzrhythmusstörungen an, dass ich dann auch wirklich Angst bekommen habe“, sagt sie. An einem Abend waren die Nebenwirkungen sogar so schlimm, „dass sie dachte, sie stirbt“, heißt es im Beitrag. „Sie hatte noch Glück, sie setzte die gesundheitsgefährdenden Pillen rechtzeitig ab“, so wird die Situation von Tanja geschildert.

Weit weg von der Welt der Pflanzen, bestellte Marco das Produkt „DNP“ (2,4-Dinitrophenol). Die Substanz erhöhe die Körpertemperatur und verstärke die Fettverbrennung. Auch er habe unerwünschte Wirkungen am eigenen Leibe erfahren: „Ich habe nur noch geschwitzt, am zweiten oder dritten Tag habe ich angefangen, Pickel an den Armen zu kriegen. Nachts schlafen ging am dritten Tag gar nicht mehr. Am sechsten Tag war ich komplett fertig.“ Marco wäre fast gestorben, weil seine Körpertemperatur nach der Einnahme lebensbedrohlich anstieg: „Ab 42 Grad gerinnt das Eiweiß und dann ist quasi Sterben angesagt“, sagt er. „Von den Nebenwirkungen erzählt einem natürlich keiner was. Es geht einfach um Verkaufen.“

Um herauszufinden, welche gefährlichen Stoffe die Händler in ihre Schlankmacher untermischen, bestellten die Macher des Magazins sechs Produkte aus dem Internet, darunter „Lida“ und „Botanical Slimming“. Zur Analyse wurde das ZL beauftragt, mit erschreckenden Ergebnissen: „In der Hälfte der Produkte haben wir nicht deklarierte verschreibungspflichtige Wirkstoffe entdeckt“, sagt Professorin Dr. Mona Tawab. Gefunden wurde das Antidepressivum Fluoxetin, wobei die Menge laut Bericht fast so hoch war wie in rezeptpflichtigen Tabletten. „Es ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten, einem ahnungslosen Verbraucher, der wirklich nur ein harmloses Medikament einnehmen möchte, solche verschreibungspflichtigen Wirkstoffe unterzuschieben“, so Tawab.

Um dem nachzugehen, wurde versucht, die Hersteller zu kontaktieren. Allerdings blieb eine Antwort aus: „Auf ihren Homepages geben sie nicht mal Postadressen an“, heißt es im Beitrag. Auch eine Online-Anfrage brachte keine Rückmeldung. Zum Produkt „Lida“ finden sie zwar eine Berliner Anschrift, doch unter der Adresse gebe es weder eine Firma noch einen Briefkasten mit dem Namen. „Kriminelle reagieren schnell, verändern Firmennamen, Orte, Webadressen.“

„Arzneimittel sind das neue Kokain“, kommentiert Professor Dr. Arndt Sinn, Strafrechtler an der Universität Osnabrück. „Sie können mit gefälschten Arzneimitteln mehr Profit erwirtschaften bei niedrigerem Verfolgungsdruck und bei niedriger zu erwartenden Strafen als auf dem Drogenmarkt.“ Um die Kriminalität in diesem Bereich zu stoppen, brauche es spezialisierte Staatsanwaltschaften und bessere Zusammenarbeit der Behörden auf nationaler wie internationaler Ebene.

„Die Strafverfolgung ist quasi unmöglich, weil diese Anbieter in allen Ländern der Welt arbeiten und von da aus verkaufen sowie deutschsprachige Internetseiten haben“, sagt Dr. Wolfgang Becker-Büser, Herausgeber und Chefredakteur des arznei-telegramms. Vor allem wisse keiner, was in den Pillen stecke. „Die Menschen, die geschädigt worden sind, haben im Fall einer Schädigung keine Chance, die Anbieter zu belangen“, sagt er dem Magazin.

In der Sendung kommt auch eine Mutter zu Wort, die ihren 18-Jährigen Sohn an den Folgen der DNP-Pillen verloren hat. Sie appeliert an alle, diese als Schlankmacher beworbenen Mittel nicht einzunehmen. „Wir finden es unglaublich, dass mit wenigen Klicks DNP im Internet erhältlich ist“, sagt sie. „Wie kann etwas, dass für Menschen ungeeignet ist, als Tabletten verkauft werden, ohne dass das bestraft wird?“

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