Neueinführung

Deutschland im Psoriasis-Streit

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Eine rosafarbene Salbe sorgt schon vor ihrer Marktzulassung Mitte November für heftigen Wirbel. Vor 20 Jahren hatten Forscher entdeckt, dass die topische Anwendung von Vitamin B12 und Avocadoöl gegen Neurodermitis und Psoriasis wirksam ist. Doch ihre Salbe unter dem Namen Regividerm wollte angeblich niemand kaufen. Jetzt haben - wenige Wochen vor der Markteinführung - ein WDR-Film und eine hitzige Diskussion bei „Hart aber fair“ heftige Debatten um die angeblich fast nebenwirkungsfreie Salbe ausgelöst.

Ein Mediziner und ein Chemiker hatten Regividerm laut WDR-Film in ihrer Wuppertaler Wohnung erfunden und bei einer erkrankten Freundin mit Erfolg getestet. Es folgten eine Studie an der Ruhr-Universität Bochum mit 48 Beteiligten und zwei weitere Untersuchungen mit kleineren Patientenzahlen. Der an der Bochumer Studie beteiligte Dermatologe Professor Dr. Markus Stücker sagte, das neue Präparat sei eine „zusätzliche Option, aber kein Zaubermittel“.

Die Untersuchung in Bochum 2004 habe bei den meisten Patienten gezeigt, dass die Salbe helfen könne. Man habe über mehrere Wochen auf einen Arm jeweils ein Placebo, auf den anderen Arm den Wirkstoff gegeben. „Wir haben einen signifikanten Unterschied festgestellt“, erklärt Stücker. Er gehe von der „Wirkung eines leichten Cortisons“ aus.

Der WDR-Film „Heilung unerwünscht - Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern“ suggeriert, dass einige Pharmakonzerne aus finanziellem Kalkül eine Produktion der Salbe ablehnten. Obwohl einige Manager sich von der Wirkung überzeugt gezeigt hätten, sei eine Salben-Produktion abgelehnt worden, um das eigene teurere Präparat nicht zu gefährden, berichtet Film-Autor Klaus Martens.

Die neue Salbe soll 28,85 Euro pro 100-Gramm-Tube kosten und ab November als Medizinprodukt über den Großhandel verfügbar sein. Kritiker meinen, der zeitliche Zusammenhang zwischen der Film-Ausstrahlung und dem Verkaufsstart vier Wochen später sei doch „sehr bedenklich“.

Der Neurodermitis Bund kritisierte: „Schade, dass sich jetzt auch schon eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt völlig kritiklos für solche PR-Aktionen hergibt.“ Die beiden unheilbaren Hautkrankheiten werde auch die neue Salbe nicht heilen, schon gar nicht nebenwirkungsfrei. Dies zu behaupten, sei zynisch.

Der Geschäftsführer und Patentinhaber Rüdiger Weiss war am Donnerstag nicht zu sprechen. Auf der Homepage der Remscheider Firma Regeneratio heißt es, nach der TV-Doku am vergangenen Montag habe es weltweite Nachfragen zu Regividerm gegeben. Das Mittel werde nun zusammen mit der Schweizer Pharmafirma Mavena schnell auf den Markt gebracht, auch in Österreich und der Schweiz.

Ein Mavena-Sprecher erklärte, es gebe seit langem ein Interesse an einem Vertrieb, nach der Marktzulassung im August habe man nun Gas gegeben. Die Salbe sei als Medizinprodukt zugelassen, für das klinische Studien nachgewiesen werden müssen. Die Salbe rangiere aber eine Stufe unter dem Status Arzneimittel, bei dem für eine Zulassung sehr umfangreiche Langzeitstudien nötig sind.

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